Das Leben von Mastrindern

Die Grausamkeit hinter der Haltung von Rindern in der Fleischproduktion

Konsum

In Österreich werden pro Person und Jahr ca. 10,3 kg Rind- und Kalbfleisch gegessen¹.

Jährliche Schlachtungen

Mehr als 622.000 Rinder wurden im Jahr 2023 in Österreich für den menschlichen Verzehr geschlachtet².

Gehaltene Tiere in Österreich

Insgesamt leben in Österreich 1,8 Millionen Rinder, davon ca. 546.000 Milchkühe, ca. 435.000 männliche Kälber, Stiere und Ochsen und ca. 79.000 Schlachtkalbinnen³.

Konventionelle Haltung

Um möglichst schnell und kostengünstig zu mästen, verbringen die meisten Tiere ihr gesamtes Leben in Ställen ohne jeglichen Auslauf auf harten Vollspaltenböden.

Bei Mastrindern handelt es sich um Stiere (unkastrierte männliche Tiere), seltener Ochsen (kastrierte männliche Tiere), Kalbinnen (weibliche Rinder, die noch kein Kalb geboren haben) oder “unproduktive” Milchkühe, die zur Fleischproduktion gemästet werden. 

Die männlichen Tiere der in Österreich am häufigsten vorkommenden Rasse Fleckvieh, aber auch  anderer Rassen und weibliche Tiere, die nicht in der Milchproduktion gebraucht werden, landen in der Mast. Es gibt auch Rinderrassen, die rein für die Fleischproduktion eingesetzt werden. Von diesen Rassen werden weibliche und männliche Tiere gemästet.

Da die Rasse Fleckvieh in Österreich ca. 74 % aller Rinder ausmacht, kommen Fleckvieh-Stiere besonders häufig in der Rindermast vor. Die Stiere dieser Zweinutzungsrasse sind außerdem für die Fleischproduktion besonders interessant, da sie sehr gute Futterverwerter sind und rasch und gut an Gewicht zunehmen. Um möglichst schnell ihr Endgewicht von im Durschnitt 710 kg zu erreichen (durchschnittliches Lebendgewicht der österreichischen Rinder bei der Schlachtung)4, werden die meisten von ihnen ihr ganzes Leben in Ställen ohne Auslauf gehalten, kommen nie auf die Weide und werden intensiv mit einem hohen Getreideanteil gefüttert. 

Mastrinder auf Vollspalten in Italien

In Österreich stehen einem Mastrind mit 650 kg Lebendgewicht oder mehr laut 1. Tierhaltungsverordnung gerade einmal 3 m2 zum Leben zur Verfügung. Mehr als 50 % der Mastrinder (männlich und weiblich) werden auf sogenannten Beton-Vollspaltenböden ohne Einstreu und ohne separaten Liegebereich gehalten5. Expertinnen und Experten schätzen, dass 70 % der Maststiere (also nur die männlichen unkastrierten Tiere) auf Vollspaltenböden gehalten werden6. Auf engstem Raum und ohne Zugang zu Außenklima, ist ihre einzige Beschäftigung das Fressen und das Wiederkäuen. Einige Mastrinder werden auch noch in Anbindehaltung gehalten.  

Wer Rinder näher kennen gelernt hat, weiß, dass sie eine ausgeprägte und sehr individuelle Persönlichkeit haben. Sie leben in Herden, in denen klare Hierarchien gelten. Aufgrund ihrer Ernährungsweise verbringen sie unter natürlichen Bedingungen die meiste Zeit ihres aktiven Tages mit Grasen und legen dabei bis zu 13 Kilometer am Tag zurück7,8. Ihre Klauen sind an das Gehen auf weichem Grasland angepasst9. Als soziale Wesen schließen sie Freundschaften, also engere Beziehungen mit einzelnen Tieren in der Herde, die ihr ganzes Leben lang bestehen können. Diese Tiere können dabei beobachtet werden, wie sie wiederholt nah zusammen liegen oder gegenseitige Körperpflege betreiben. Als Kälber spielen sie gerne indem sie miteinander laufen, sich gegenseitig jagen und sich gegenseitig anstoßen. Auch erwachsene Rinder lieben es zu laufen. 

Die natürliche Lebenserwartung von Rindern liegt bei 20 Jahren10. In der kommerziellen Rindermast werden sie im Durchschnitt mit nur 18 Monaten geschlachtet. 

Ein Leben auf Vollspaltenböden und unter beengten Verhältnissen 

Ein Mastrind hat in Österreich laut Tierschutzgesetz (1. Tierhaltungsverordnung) mit einem Gewicht ab 650 kg gerade einmal 3 m2 zum Leben zur Verfügung11. Auf dieser geringen Fläche muss es fressen und wiederkäuen, ausruhen, schlafen, Körperpflege sowie soziale Interaktionen durchführen. Das ist in keinster Weise ausreichend Platz für all diese Verhaltensweisen. Zugang zu einer Weide gibt es vor allem für die klassischen Maststiere auf Vollspaltenboden nie. Ins Freie, zum Beispiel in einen Auslauf, kommen sie ebenfalls nicht. 

Der Großteil vor allem der männlichen Rinder, die als Masttiere gehalten werden, leben in kleinen Gruppen in geschlossenen Ställen mit Beton-Vollspaltenböden. Das Leben auf den harten Vollspaltenböden hat schwerwiegende Auswirkungen auf die sensiblen Tiere. Neben körperlichen Erkrankungen treten auch psychische Beschwerden auf, die sich durch Verhaltensstörungen und Stereotypien zeigen. Betroffen sind nicht nur Einzeltiere; die negativen Auswirkungen sind bei einem Großteil der Tiere zu finden12.

Körperliche Schäden

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Körperliche Schäden


Die Haltung auf Beton-Vollspaltenböden hat für die Tiere schwere Folgen.

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Geringer Platz

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Geringer Platz


Auf nur einer Fläche von 3 m² muss ein Mastrind sein ganzes Leben gestalten. Auslauf gibt es nicht.

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Gesundheitliche Probleme

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Gesundheitliche Probleme


Die Fütterung in der intensiven Haltung verursacht schmerzhafte Magenerkrankungen.

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Psychische Folgen

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Psychische Folgen


Die Monotonie führt bei den intelligenten Tieren zu Verhaltensstörungen und Unruhe.

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Es gibt seit längerem wissenschaftliche Methoden, die zur Beurteilung der Tiergerechtheit von Haltungssystemen herangezogen werden können. Sie alle kommen zu dem Ergebnis, dass die Haltung von Mastrindern in Einflächenbuchten mit Vollspaltenböden unter derzeitigen Bedingungen nicht als tiergerecht beurteilt werden können7. Rinder, die ihr kurzes Leben auf Betonspaltenböden fristen müssen, sind fast aller natürlichen Verhaltensweisen beraubt. Sie können sich weder artgemäß bewegen und ihren natürlichen Bewegungsdrang ausleben, noch können sie ihrem Bedürfnis nach Erkundung in keinster Weise nachgehen. Genau so wenig ist es ihnen möglich, ihr Sozialverhalten, so wie sie es brauchen würden, auszuleben13

„Beton-Vollspaltenböden haben einen ernstzunehmenden negativen Einfluss auf das Wohl von Mastrindern. Diese Haltung wird den ethologischen und biomechanischen Bedürfnissen von Rindern in keinster Weise gerecht“.¹⁴

Wissenschaftler des Instituts für Tierschutz, Verhaltenskunde, Tierhygiene und Tierhaltung / Vetmed Uni München

Negative Auswirkungen

Die negativen Auswirkungen auf die körperliche und auch mentale Gesundheit sind vielfältig. Mastrinder leiden ihr ganzes Leben an/unter:

Schmerzen

aufgrund von Entzündungen und Verletzungen an den Gelenken und Klauen, die durch den viel zu harten Boden verursacht werden und welche unter den gegebenen Haltungsbedingungen nicht ausheilen können.

Schmerzhaften Labmagengeschwüren und Pansenazidosen

die aufgrund einer für Wiederkäuer problematischen Fütterung und aufgrund des ständigen Stresses auftreten.

Einschränkung ihrer Bedürfnisse

in allen ihren rindertypischen Verhaltensweisen (Ruhen, Fressen, Bewegen, Körperpflege, soziale Interaktionen) durch die beengten Verhältnisse. Sie können weder ihren Bewegungsdrang befriedigen bzw. ihre sozialen Verhaltensweisen ausleben noch so schlafen, wie es physiologisch notwendig wäre.

Langeweile

durch die Monotonie, in der sie leben müssen, ohne jegliche Außenreize, wie zum Beispiel unterschiedliche Wettereinflüsse, Geschehnisse in der Umgebung etc.

Aggressionen von ihren Artgenossen

in der Bucht, denen sie sich nicht oder nur sehr schwer entziehen können.

Beton-Vollspaltenböden können in keiner Weise als tiergerecht bezeichnet werden. Es bedarf daher einer dringenden Überarbeitung und Änderung der Haltungsvorschriften12, 7

Bereits 2012 empfahl die European Food Safety Authority (EFSA), dass Mastrinder aufgrund der problematischen Auswirkungen auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden nicht auf Vollspaltenböden, sondern in Systemen mit eingestreuten Liegeflächen, gehalten werden sollten15.  

Sind Vollspaltenböden mit Gummimatten die Lösung? 

Um Beton-Vollspaltenboden Systeme „tiergerechter“ zu gestalten, legen einige Betriebe die Buchten entweder gänzlich oder zum Teil mit Gummimatten aus. Auch in der Kälbermast in Österreich sind gummierte Auflagen auf Vollspaltenböden üblich. Untersuchungen zeigen, dass Tiere, die die Wahl haben zwischen Beton-Vollspaltenböden oder Beton-Vollspaltenböden mit Gummimatten, immer die Flächen mit Gummimatten bevorzugen, um sich hinzulegen16, 17, 14. Die Gummimatten haben einen nachgewiesenen mindernden Einfluss auf Haut- und Gelenksverletzungen18, und auch die Klauen werden weniger abgerieben19.  

Auch das Verhalten der Rinder wird positiv beeinflusst. Auf Vollspaltenböden mit Gummimatten zeigen sie mehr aktives Verhalten, wie Körperpflegeverhalten und soziale Interaktionen, da ihnen der weichere Boden mit den Gummimatten etwas mehr Halt gibt als die Beton-Vollspalten19.  

Untersuchungen zeigen jedoch auch, dass die gummierten Böden nicht an mit z.B. Stroh eingestreute Systeme heranreichen. Auch auf gummierten Böden haben die Tiere Schwierigkeiten mit dem Aufstehen und Abliegen. Die Weichheit und Verformbarkeit scheint etwas besser zu sein als auf den Beton-Vollspaltenböden, aber nicht so gut wie in den eingestreuten Systemen20.  

Rinder wählten in Versuchen immer die mit Stroh eingestreute Liegefläche, wenn man ihnen die drei Varianten Beton-Vollspaltenboden ohne oder mit Gummimatte oder einen mit Stroh eingestreuten Liegebereich anbot21. Und auch in diesen Haltungssystemen entstehen im Laufe der Mast, wenn die Tiere immer schwerer werden, Verletzungen an Haut, Gelenken und Klauen. Es ist dem geringen Platz geschuldet, dass die Tiere weiter stark in ihren Verhaltensweisen eingeschränkt sind, ihre Bedürfnisse nicht ausleben können und die genannten Verhaltensstörungen auftreten.  

Von einem tiergerechten System kann also bei dieser Haltungsform auch nicht die Rede sein. 

VIER PFOTEN fordert

  • ein Verbot von Beton-Vollspalten für Rinder aller Altersklassen
  • ein ausreichend großes Platzangebot und eingestreute Liegeflächen
  • Verbot der Anbindehaltung
  • wiederkäuergerechte Fütterung mit ausreichend Raufutter
  • befestigten Auslauf
  • Weidegang, saisonbedingt mindestens 120 Tage pro Jahr
  • regelmäßige Klauenpflege (je nach Zustand mind. ein Mal pro Jahr)
  • Mutter- oder Ammenkuhhaltung bzw. kuhgebundene Kälberaufzucht
  • Verbot der schmerzhaften Eingriffe
  • Verbot der Zucht auf Extremleistungen
  • Förderung artgemäßer Ställe mit Auslauf und Zugang zu einer Weide
  • Förderung des Einsatzes von Zweinutzungsrassen
  • Neuausrichtung der Ziele in der Zucht: Gesundheit, Langlebigkeit und Wohlbefinden des Tieres müssen im Vordergrund stehen
Kälber auf der Weide

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Quellenverweis

1. Statista GmbH. Pro-Kopf-Konsum von Fleisch in Österreich nach Art im Jahr 2022. 2024 [accessed 2024 Feb 26]. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/287351/umfrage/pro-kopf-konsum-von-fleisch-in-oesterreich-nach-art/#:~:text=Im%20Jahr%202022%20verzehrte%20jeder,diesem%20Jahr%2058%2C6%20kg 
2. STATISTIK AUSTRIA. Schlachtungen - Kalenderjahr 2023. 2024 [accessed 2024 Apr 4]. https://www.statistik.at/fileadmin/user_upload/SB_1-6_Schlachtungen-2023-Jahr.pdf 
3. AMA. Daten und Fakten der AgrarMarkt Austria für den Bereich Vieh und Fleisch. [accessed 2024 Feb 28]. https://www.ama.at/getattachment/211986b7-3699-4bde-bb99-9e6104f54e81/230_vz_rinder.pdf 
4. STATISTIK AUSTRIA. Lebend- & Schlachtgewichte 2021. 2022. https://www.statistik.at/fileadmin/publications/SB_1-8_Schlachtungen2021.pdf 
5. STATISTIK AUSTRIA. Agrarstrukturerhebung 2020. 2020. 
6. LsL. Lebensmittel-Wissen - Rind - Haltung. 2023 [accessed 2024 Dec 3]. https://www.landschafftleben.at/lebensmittel/rind/herstellung/haltung 
7. Dierßen L, Born J, Kari A. Unterschiedliche Mindestanforderungen an die Haltung von Mastbullen - tiergerecht oder ungerecht? In: Schwerpunkt: “Tierschutz ohne Grenzen” Gleiches Recht für alle? Vol. 1. Auflage. München: Verlag der DVG Service GmbH; 2024. 
8. Schrader L. Verhalten und Tierhaltung. In: Rinderzucht und Rindfleischerzeugung - Empfehlungen für die Praxis. Völkenrode: Landbauforschung; 2007. p. 89–107. 
9. Lamp O. Der Joggingschuh der Kuh. Bauernblatt. 2019 Oktober:27–29. 
10. VIER PFOTEN. Lebenserwartung von Rindern. 2023 [accessed 2024 Apr 26]. https://www.vier-pfoten.at/kampagnen-themen/themen/nutztiere/nutztiere-lebenserwartung 
11. BMG. Rechtsinformationssystem des Bundes. 1. Tierhaltungsverordnung. [accessed 2024 Mar 15]. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20003820 
12. Schneider L. Investigations on the behavior of fattening cattle in intensive housing systems. Hannover: Tierärztliche Hochschule; 2020. https://elib.tiho-hannover.de/receive/tiho_mods_00001711 
13. Radkowska I, Godyń D, Kinga F. Stereotypic behaviour in cattle, pigs and horses - a review. Animal Science Papers and Reports. 2020;Vol. 38(4):303–319. 
14. Platz S, Ahrens F, Bahrs E, Nüske S, Erhard MH. Association between floor type and behaviour, skin lesions, and claw dimensions in group-housed fattening bulls. Preventive Veterinary Medicine. 2007;80(2–3):209–221. doi:10/fjhx4j 
15. EFSA Panel on Animal Health and Welfare (AHAW). Scientific Opinion on the welfare of cattle kept for beef production and the welfare in intensive calf farming systems. EFSA Journal. 2012;10(5):2669. doi:10.2903/j.efsa.2012.2669 
16. Absmanner E, Rouha-Mülleder C, Scharl T, Leisch F, Troxler J. Effects of different housing systems on the behaviour of beef bulls—An on-farm assessment on Austrian farms. Applied Animal Behaviour Science. 2009;118(1):12–19. doi:10/brdg27 
17. Bahrs E. Verhalten und Gesundheitsstatus von Mastbullen auf Gummispaltboden [Text.PhDThesis]. Ludwig-Maximilians-Universität München; 2005. https://edoc.ub.uni-muenchen.de/3257/ 
18. Schulze Westerath H, Gygax L, Mayer C, Wechsler B. Leg lesions and cleanliness of finishing bulls kept in housing systems with different lying area surfaces. Veterinary Journal. 2007;174(1):77–85. doi:10/d6ddrd 
19. Magrin L, Gottardo F, Brscic M, Contiero B, Cozzi G. Health, behaviour and growth performance of Charolais and Limousin bulls fattened on different types of flooring. Animal. 2019;13(11):2603–2611. doi:10.1017/S175173111900106X 
20. Friedli K, Gygax L, Wechsler B, Schulze Westerath H. Gummierte Betonspaltenböden für Rindvieh- Mastställe. FAT-Berichte. 2004;618. 
21. Murphy VS. An evaluation of floor types and grouping systems for housed beef cattle in Northern Ireland [Doctoral Thesis]. Belfast: Queens University Belfast; 2019. 
 

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