Mastrinderhaltung: Auswirkungen der intensiven Fütterung
Um das Mastendgewicht von ca. 700 kg in nur 18 Monaten zu erreichen, haben Mastrinder einen hohen Energie- und Eiweißbedarf.
Dieser hohe Bedarf kann durch eine artgerechte Fütterung mit Gras und Heu nicht gedeckt werden. Deshalb werden Mastrinder sehr intensiv1 mit unterschiedlichen Silagen, wie z.B. Maissilage, hohen Getreideanteilen und nur geringen Anteilen an Gras und Heu (Raufutter) gefüttert. Der hohe Getreideanteil bzw. Stärkeanteil in der Mastrinderfütterung führt zu einer Überlastung des Verdauungstraktes und zu verschiedenen Erkrankungen, da der Stoffwechsel nicht auf die Verdauung dieses hohen Anteils an Kohlehydraten ausgelegt ist. Es konnten auch negative Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel beobachtet werden2.
Labmagengeschwüre und Pansenazidose
Labmagengeschwüre und Pansenazidose (Übersäuerung des Pansens, einer der vier Kuhmägen durch eine starke Absenkung des pH-Wertes) sind die häufigsten Verdauungsstörungen und Erkrankungen des Verdauungsapparates bei Rindern3, 4.
Das Verdauungssystem von Rindern, als sogenannte Wiederkäuer, ist an das Aufspalten von faserreichem Futter, das reich an Zellulose und arm an Stärke ist, angepasst5. Der durch das Wiederkäuen gebildete Speichel hat eine wichtige Funktion für die Abpufferung von organischen Säuren, die bei der Verdauung entstehen. Bei der Fütterung von hoch-konzentriertem Futter wie Getreide wird diese Fähigkeit durch unterschiedliche Faktoren limitiert. Die Tiere nehmen in kürzerer Zeit mehr Futter auf, als sie zum Beispiel beim Fressen von Heu oder Gras aufnehmen würden, und das Wiederkauen, sprich das so wichtige Einspeicheln der Nahrung, nimmt ab. Dadurch wird der pH-Wert im Labmagen und auch im Pansen reduziert. Das den Rindern vorgelegte Futter, mit seinem geringen Raufutter- und hohen Getreideanteil, verändert die Zusammensetzung des Futterbreis in den Mägen.
Bei Untersuchungen auf österreichischen Schlachthöfen wurden bei 60 % bis 66 % der Mastrinder Labmagengeschwüre gefunden3, 6. Einer der Risikofaktoren für das Auftreten dieser sehr schmerzhaften Krankheit ist die Zerstörung der Magenschleimhaut durch einen zu hoch konzentrierten Kraftfutteranteil, der den pH-Wert im Labmagen reduziert, wodurch die Schleimhaut angegriffen wird3, 4, 5.
Ein weiterer Risikofaktor ist Stress, der durch das Haltungssystem ausgelöst wird. Der Zusammenhang von Labmagengeschwüren und der Haltung von Rindern auf Vollspaltenböden konnte in Studien eindeutig nachgewiesen werden3, 6. Die Chancen daran zu erkranken, sind in diesen Haltungssystemen um das 28-fache höher als in anderen Systemen3. Um den pH-Wert der Vormägen in einem optimalen Bereich zu halten, ist ein ausreichendes Wiederkäuen für eine gute Speichelproduktion wichtig. Sind Tiere stark gestresst, so reduziert das das Wiederkauen, was diese Erkrankung wiederum begünstigt3, 7.
Quellenverweis
2. Bahrs E. Verhalten und Gesundheitsstatus von Mastbullen auf Gummispaltboden [Text.PhDThesis]. Ludwig-Maximilians-Universität München; 2005. https://edoc.ub.uni-muenchen.de/3257/
3. Burgstaller J, Wittek T, Sudhaus-Jörn N, Conrady B. Associations between Animal Welfare Indicators and Animal-Related Factors of Slaughter Cattle in Austria. Animals. 2022;12(5):659. doi:10.3390/ani12050659
4. Nagaraja TG, Titgemeyer EC. Ruminal Acidosis in Beef Cattle: The Current Microbiological and Nutritional Outlook. Journal of Dairy Science. 2007;90:E17–E38. doi:10.3168/jds.2006-478
5. Millen DD, Pacheco RDL, Da Silva Cabral L, Cursino LL, Watanabe DHM, Rigueiro ALN. Ruminal Acidosis. In: Millen DD, De Beni Arrigoni M, Lauritano Pacheco RD, editors. Rumenology. Cham: Springer International Publishing; 2016. p. 127–156. http://link.springer.com/10.1007/978-3-319-30533-2_5. doi:10.1007/978-3-319-30533-2_5
6. Hund A, Beer T, Wittek T. Labmagenulzera bei Schlachtrindern in Österreich. Tierärztliche Praxis Ausgabe G: Großtiere / Nutztiere. 2016;44(05):279–285. doi:10.15653/TPG-150800 7. Schrader L. Verhalten und Tierhaltung. In: Rinderzucht und Rindfleischerzeugung - Empfehlungen für die Praxis. Völkenrode: Landbauforschung; 2007. p. 89–107.