VIER PFOTEN: Novelle zur Tierhaltung ist inakzeptabel
Nach wie vor Vollspaltenböden, Schwanzkupieren und lange Tiertransporte
Wien - Inakzeptabel – das ist das Fazit von VIER PFOTEN zur von der Regierung zur Begutachtung vorgelegten Novelle des Tierschutzgesetzes, der 1. Tierhaltungsverordnung und des Tiertransportgesetzes. Schweine und Mastrinder werden nach wie vor auf Vollspaltenböden stehen, Schwanzkupieren und betäubungslose Kastration bei Ferkeln weiterhin gängige Praxis sein und Tiere viel zu jung und viel zu lange transportiert werden.
„Das ist ein extrem schwacher Kompromiss, der da herausgekommen ist – leider wieder mal auf dem Rücken der Tiere. Das angebliche Vollspaltenverbot wird ab 2023 ausschließlich für Neu- und Umbauten von Ställen gelten. Es soll das dänische Modell mit einem Liegebereich gänzlich ohne Stroheinstreu für Schweine kommen, dessen Boden erst recht wieder perforiert sein kann – mit all den gesundheitlichen Schäden für die Tiere. Die restliche Stallfläche darf weiterhin aus Vollspaltenböden bestehen! In Wahrheit wird der Status Quo zementiert. Das kann nicht als Fortschritt bezeichnet werden und ist vor allem im Lichte der kürzlich präsentierten Herkunftskennzeichnung zynisch. Die Herkunft aus Österreich muss für bessere Haltungsbedingungen stehen. Diese Chance wurde gerade in der Schweinehaltung verpasst“, sagt VIER PFOTEN Direktorin Eva Rosenberg.
Auch die sonstigen Novellierungen sind mehr als dürftig: Rosenberg: „Nach wie vor können Ringelschwänze der Schweine kupiert werden – mit der einzigen Einschränkung, dass das nur bei Auftreten von Verletzungen durch Schwanzbeißen von mehr als zwei Prozent der Schweine möglich ist. Der Witz daran: Solange Schweine viel zu wenig Platz und viel zu viel Stress haben, werden sie sich immer weiterhin gegenseitig verstümmeln. Es wurde also nicht mal ein ernsthafter Versuch unternommen, diese Tierquälerei abzustellen – und das trotz des Verbots des routinemäßigen Kupierens, einer EU-Mahnung und vieler Beispiele, wie es anders gehen kann! Im Übrigen wurde das Thema betäubungslose Ferkelkastration wieder komplett außen vor gelassen; von dieser Tierquälerei sind in Österreich also weiterhin jährlich 2,7 Millionen Ferkel betroffen.“
Einzig das Auslaufen der vielen Ausnahmen des Verbots der dauerhaften Anbindehaltung bei Rindern ist positiv, allerdings gibt’s auch hier einen Wermutstropfen: „Die Übergangsfrist bis 2030 ist viel zu lang. Die Probleme sind seit Jahren bekannt, hier muss sich einfach schneller etwas tun“, sagt Rosenberg.
Ebenfalls inakzeptabel sind die Änderungen bei den Tiertransporten. Das Mindesttransportalter bei Kälbern soll von zwei auf lediglich drei Wochen angehoben werden. Längerfristig soll eine Erhöhung auf vier Wochen ab 2026 überprüft werden.
Exporte in EU-Drittstaaten sollen nur für so genannte Zuchtrinder möglich sein, nicht mehr für Schlachtrinder. Den Haken daran erklärt Rosenberg so: „Wie wird sichergestellt, dass es sich um Zuchtrinder handelt? Auch hier wurden die negativen Beispiele aus der Vergangenheit nicht ernst genommen bzw. haben zu keinen stärkeren Regeln geführt. Sehr oft werden die Tiere als Zuchtrinder deklariert, dann im Zielland aber erst recht wieder geschlachtet, und das unter erbärmlichen Bedingungen. Die zulässige Beförderungsdauer von maximal 82 Stunden ist im Übrigen absurd!“ Der einzige Lichtblick und längst überfällig ist, dass Transporte in Zielländer im Nahen Osten und Nordafrika künftig nicht mehr möglich sein sollen. Ebenso positiv hervorgehoben werden können Änderungen im Heimtierbereich und die aufgewertete Stellung von Tierschutzombudspersonen.
Alles in allem ist VIER PFOTEN maßlos enttäuscht. „Wir wissen natürlich, dass die ÖVP sämtliche Verbesserungen im Tierschutzbereich blockiert, aber es ist ernüchternd, dass dieser Entwurf keine stärkere grüne Handschrift trägt und die heißen, viel diskutierten Eisen erneut nicht angreift. Wir werden eine umfassende Stellungnahme im Begutachtungsprozess abgeben und fordern die Politik auf, den Entwurf deutlich nachzubessern - auch im Sinne der österreichischen Bevölkerung, die sich in sämtlichen Umfragen mehr Tierschutz wünscht. Sonst sind wieder einmal die Tiere die Opfer der klassischen österreichischen Klientelpolitik“, meint VIER PFOTEN Direktorin Rosenberg.
Mag. Elisabeth Penz
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VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freund:innen in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemäßer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen.
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