Weltmilchtag: Die dunkle Seite des „weißen Goldes“
VIER PFOTEN: „Turbokühe“, Anbindehaltung und Transporte männlicher Kälber sind große Probleme
Wien - Am 1. Juni ist Weltmilchtag. Das wird traditionellerweise auch in Österreich genutzt, um Milch als Nahrungsmittel und Wirtschaftsfaktor zu bewerben. Gelobt wird sie nicht nur als Lieferant wichtiger Nährstoffe, sondern auch ihr Beitrag zur Versorgungssicherheit und ihre Rolle als Exportschlager. VIER PFOTEN weist jedoch auf die dunkle Seite des „weißen Goldes“ hin. Hinter der Milchproduktion stecken gravierende Tierschutzprobleme, wie das Hochzüchten der Rinder zu „Turbokühen“, die immer noch gängige Anbindehaltung und der Export der männlichen Kälber als Nebenprodukt der Milchwirtschaft.
„Vielen Menschen ist nicht klar, dass Milchkühe nicht „einfach so“ permanent Milch geben, sondern nur, nachdem sie ein Kalb zur Welt gebracht haben. Da wir Menschen diese Milch aber für uns beanspruchen, werden die Kälber ihren Müttern nach wenigen Stunden oder Tagen weggenommen – ein unglaublicher Stress für die Tiere. Kühe rufen oft tagelang nach ihren Kindern“, sagt VIER PFOTEN Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck.
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Um die Milchleistung von Kühen zu erhöhen, werden sie nicht nur so schnell wie möglich besamt, sie werden auch zu regelrechten „Turbokühen“ herangezüchtet. Die Entwicklung im Laufe der letzten Jahrzehnte ist erschreckend: Im Jahr 1950 gab eine Kuh im weltweiten Durchschnitt jährlich knapp 3.000 kg Milch. Im Jahr 2023 waren es knapp 8.000 kg. In Österreich liegt die Milchleistung im Schnitt bei 7.200 Litern. Auch hierzulande geht der Trend in Richtung einer möglichst hohen Milchleistung, wenngleich zu 80 Prozent Rinder der Rasse „Fleckvieh" gehalten werden, die sowohl Milch geben als auch Fleisch ansetzen und damit weniger stark hochgezüchtet sind wie reine Milchrassen.
Weissenböck:„Durch die Hochleistungszucht erwachsen gravierende gesundheitliche Probleme. Eine Milchkuh wird heute in Österreich im Schnitt schon mit sieben Jahren zum Schlachthof gebracht – und das, obwohl ein Rind erst mit fünf Jahren ausgewachsen ist und die natürliche Lebenserwartung von Rindern eigentlich bei etwa 20 Jahren liegt. Die Tiere leiden an lebensbedrohlichen Stoffwechselstörungen und schmerzhaften Euterentzündungen. Durch die hochkonzentrierte Fütterung kommt es bei vielen außerdem zu einer starken Übersäuerung des Pansens und zu schmerzhaften Erkrankungen der Klauen.“
Ein weiteres riesiges Problem: die noch immer sehr verbreitete Anbindehaltung. Laut der Agrarstrukturerhebung 2020 der Statistik Austria werden in 13.354 der 24.219 milchliefernden Betriebe Österreichs Rinder angebunden, davon ein Teil 365 Tage im Jahr. Diese permanente Anbindehaltung wird zwar ab 2030 verboten sein, dennoch wird sie in neun von zwölf Monaten auch weiterhin erlaubt sein. „Es ist sehr positiv zu sehen, dass viele Landwirt:innen ihre Kühe in den Sommermonaten auf die Weide lassen. Aber wenn sie die restliche Zeit angebunden im Stall stehen, ist das einfach auch inakzeptabel“, so Weissenböck.
Eine besonders grausame Begleiterscheinung der Zucht hin zu Hochleistungsrindern: Die männlichen Kälber der Milchrassen nehmen in ihrer Jugend nicht viel an Gewicht und Muskelmasse zu und sind daher auf dem Fleischmarkt kaum etwas wert. Viele werden daher nach Italien, Polen oder Deutschland verkauft, wo sie unter meist tierschutzwidrigen Bedingungen gemästet werden. „Wie krank dieses System ist, zeigt die Tatsache, dass das Fleisch dieser Kälber dann oft wieder bei uns in Österreich in der Gastronomie und damit auf unseren Tellern landet“, sagt Weissenböck.
Schon mit drei Wochen dürfen Kälber transportiert werden. Da sie mit diesem Alter eigentlich noch auf Muttermilch angewiesen sind und sich in der so genannten „immunologischen Lücke“ befinden, werden sie oft krank. Viele überleben den Transport nicht. Weissenböck dazu: „Es ist herzzerreißend: Die Kälber werden in Transportern zusammengepfercht, leiden Hunger und Durst, weil sie die Tränkevorrichtungen in den Fahrzeugen nicht bedienen können. Im Sommer kommt dann noch die Hitze dazu.“
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Die Forderungen von VIER PFOTEN zum Weltmilchtag
- Mutter- oder Ammenkuhhaltung bzw. kuhgebundene Kälberaufzucht - die Trennung eines Kalbes von seiner Mutter sollte verboten oder zumindest durch säugende Ammen erleichtert werden
- Vollständiges Verbot der Anbindehaltung der Tiere und der Haltung auf reinen Vollspaltenböden
- Geringere Milchleistung und längere Abkalbe-Intervalle, da sich dies sehr positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere auswirkt
- Eine Verlagerung weg von den Hochleistungsrassen zurück zu den Doppelnutzungsrassen und weg von der Zucht auf Leistung hin zur Langlebigkeit
- Bessere finanzielle Unterstützung von Landwirten, die auf tierfreundlichere Haltungssysteme umstellen - Tierschutz muss im Rahmen der EU-Gesetzgebung und der ausgegebenen Subventionen berücksichtigt werden
Mag. Elisabeth Penz
Press Officer Austriaelisabeth.penz@vier-pfoten.org
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VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freund:innen in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemäßer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen.
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