Hund mit Qualzuchtmerkmalen

20 Jahre österreichisches Tierschutzgesetz: Die ÖVP blockiert, wo sie kann

Zusammenschluss aus Tierschutzorganisationen fordert längst überfällige Gesetzesnovelle und startet Online-Protestaktion

30.1.2024

Wien - Vor 20 Jahren, im Jahr 2004, wurde in Österreich erstmals ein bundesweites Tierschutzgesetz beschlossen. Es brachte durchaus europaweit beachtete Regelungen wie das Verbot der Pelztierhaltung und der Käfighaltung von Legehennen. Auch ein Verbot von Qualzucht war im Gesetz enthalten, wurde aber schon 2008 durch eine „Übergangsregelung“ wieder ausgehebelt. Vor zwei Jahren nun forderte der Nationalrat mit Dreiviertelmehrheit die Regierung auf, das Tierschutzgesetz zu novellieren, um das Qualzuchtverbot endlich wirksam werden zu lassen. Der legislative Prozess wird aber von der ÖVP blockiert. 

Ein Zusammenschluss aus VIER PFOTEN, VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN, Tierschutz Austria, dem Tierschutz-Dachverband pro-tier und der Tierschutzombudsstelle Wien fordert von der ÖVP, die bereits zugesagte Gesetzesnovelle nicht länger aufzuhalten. Die drei erstgenannten Tierschutzorganisationen starten daher heute eine gemeinsame Protestaktion: Tierfreund:innen können dabei ein E-Mail an Bundeskanzler Karl Nehammer, ÖVP-Klubobmann August Wöginger und ÖVP-Tierschutzsprecher Josef Hechenberger senden.

Katze mit Qualzuchtmerkmale

„Die mangelnde Bereitschaft der ÖVP zu einer Verbesserung des Tierwohls ist wirklich ärgerlich. Das Verbot der Qualzucht gibt es nun seit bald zwanzig Jahren – und dennoch leiden zahllose Tiere weiter an Atemnot, Taubheit, Gelenksproblemen, Lahmheit, Epilepsie, Herzfehlern, zu dünner Schädeldecke und noch vielem mehr. Das verdanken sie der Sturheit einer Partei, die vor den anstehenden Wahlen ihre Klientel, die Zuchtverbände, nicht vergrämen möchte.“

Veronika Weissenböck, VIER PFOTEN Kampagnenleiterin

Das Verbot, Tiere so zu züchten, dass erbliche Leiden oder Schäden zu erwarten sind, wird im selben Gesetz durch eine „Übergangsregelung“ ohne Ablaufdatum unwirksam gemacht. Diese rechtsstaatlich absurde Situation besteht nun schon seit 16 Jahren, obwohl laut Verfassungsgerichtshof so lange Übergangsfristen gar nicht zulässig sind. Dazu Brigid Weinzinger, Vorstandsmitglied von pro-tier: „In meinen schlimmsten Alpträumen hätte ich mir nicht vorgestellt, dass 20 Jahre später die Qualzucht-Situation unverändert schlimm ist. Das ist eine Katastrophe für die betroffenen Tiere und ein Politikversagen ersten Ranges.“

Martin Balluch vom VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN ergänzt: „Die Zuchtverbände, allen voran der Österreichische Kynologenverband (ÖKV), machen gegen die vom Nationalrat geforderten Verbesserungen für die Tiere mit absurden Falschmeldungen mobil, die nun auch von der ÖVP mitgetragen werden. So spricht der ÖKV sogar von einem „Haltungsverbot“. Diese Logik ist wahrlich kurios: Wenn der ÖKV keine Qualzucht mehr betreiben darf, können die Österreicher:innen keine Hunde mehr halten?“

Auch Tierschutz Austria fordert eine umgehende Reparatur des Tierschutzgesetzes, zumal der Trend zu Hunde- und Katzenrassen, die unter schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden, ungebrochen ist. „Als Tierheimbetreiber wissen wir nur zu gut, welche Leiden den Tieren durch abwegige Zuchtziele aufgebürdet werden. Und neben den betroffenen Tieren werden auch die Halter:innen von der Politik im Stich gelassen und müssen hohe Tierarztkosten tragen, die sie nicht selten überfordern“, ist Tierschutz-Austria-Präsidentin Madeleine Petrovic empört.

Die ÖVP hätte viele Gründe, ihre derzeitige Blockadehaltung gegen den Tierschutz zu beenden: Sie hat vor zwei Jahren der Nationalratsentschließung selbst zugestimmt. Die Bestimmung, die Qualzucht weiterhin erlaubt, ist vermutlich verfassungswidrig. Und in einer aktuellen Online-Umfrage des Market-Instituts im Auftrag von VIER PFOTEN befürworteten 83 Prozent der Befragten ein Qualzuchtverbot.

Die Tierschutzorganisationen fordern daher Bundeskanzler Nehammer auf, ein Machtwort zu sprechen und den unverständlichen Widerstand seiner Partei gegen eine Verbesserung des Tierschutzes endlich aufzugeben.

Mag. Elisabeth Penz

Mag. Elisabeth Penz

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Über VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freund:innen in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemäßer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen.

 

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