Mastgeflügel in konventioneller Haltung

Schlachtung von sogenannten Nutztieren - Geflügel

Die kommerzielle Schlachtung von Geflügel in großen Schlachthöfen, die hier beleuchtet werden soll, betrifft so gut wie alle Geflügelarten, die in Österreich verarbeitet werden. 

12.7.2022
Beispielhafter Geflügelschlachtbetrieb in Österreich
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Wartestall (Klicken)
CO₂-Betäubung (Klicken)
Betäubung im Wasserbad (Klicken)
Entbluteschnitt (Klicken)
Brühen, Rupfen und Zerlegung (Klicken)

Zu den betroffenen Geflügelarten gehören u.a. Masthühner, Legehennen, Puten, Enten und Gänse. Enten und Gänse sind sogenanntes Wassergeflügel, die aufgrund ihrer Fähigkeit, die Nasenöffnungen verschließen zu können, nicht in allen Anlagen betäubt und geschlachtet werden können.

Die Prozesse bei der Schlachtung von Geflügel, wie die Betäubung und das Schlachten an sich, unterscheiden sich von den Prozessen bei der Rinder- und Schweineschlachtung. Die Tiere werden, zum Beispiel, nicht einzeln durch Personen betäubt und entblutet. Diese Verfahren wurden in der industriellen Geflügelschlachtung automatisiert und sind mit einer Schlachtung, die zum Beispiel am landwirtschaftlichen Betrieb eines Direktvermarkters stattfindet, nicht zu vergleichen.

Masthühner in Intensivtierhaltung

Nichtsdestotrotz gilt auch beim Geflügel als gesetzliche Grundlage für das Schlachten in der Europäischen Union unter anderem die Verordnung (EU) Nr. 1099/2009. Damit ist auch bei den unterschiedlichen Geflügelarten, wie Hühnern, Puten, Enten, Gänsen etc. vorgeschrieben, dass die Tiere vor der Tötung bewusstlos und empfindungslos gemacht, also betäubt werden müssen. Damit soll sichergestellt sein, dass die Tiere bis zu ihrem Tod durch Entbluten bewusstlos sind und ihnen Schmerzen und Leid durch den Nackenschnitt und durch das Entbluten erspart bleiben1.

Die Ausnahme macht auch hier die rituelle Schlachtung, bei der die Tiere vor der Tötung nicht betäubt werden müssen.

Schlachtzahlen von 8.000 oder mehr Tieren pro Stunde sind in den großen Geflügelschlachtbetrieben Europas oder der USA gang und gäbe. In Österreich werden in den größeren Anlagen um die 3.000 Tiere pro Stunde geschlachtet. 

In den großen Schlachtbetrieben in Österreich werden am häufigsten zwei Betäubungsmethoden eingesetzt: Die Betäubung im elektrischen Wasserbad und die CO2-Betäubung.

Geflügel wird in Transportboxen zu den Schlachthöfen transportiert. Dazu werden die Tiere auf den landwirtschaftlichen Betrieben oft händisch von z.B. Fangkolonnen eingefangen und in die Boxen gesetzt. Mittlerweile gibt es auch schon verschiedene maschinelle Fanglösungen für eine große Anzahl an Tieren. Dabei werden die Tiere entweder händisch auf Förderbänder gesetzt, welche die Tiere in die Transportboxen befördern oder sogar maschinell eingefangen.

Je nach Tierart gibt es Gitterboxen unterschiedlichster Größe in denen bis zu zehn Tiere gedrängt sitzen und die auf den Transport-LKWs übereinander gestapelt transportiert werden. Die große Anzahl an Tieren je Box soll verhindern, dass die Tiere während des Transports in den Boxen hin und her geworfen werden und sich verletzen. In Kurven etc. stützen sich die Körper der Tiere gegenseitig.

Am Schlachtbetrieb werden die Boxen dann von einem Gabelstapler nicht einzeln, sondern wie am LKW transportiert, übereinander in die Wartehalle des Schlachthofes gehoben, wo die Tiere dann stehen, bis die Schlachtung begonnen wird.

In den modernen Anlagen gibt es, besonders für heiße Tage, eine Kühlung über Ventilatoren und/oder Wasserzerstäuber.

Betäubungsmethoden

In Österreich werden die Betäubung im elektrischen Wasserbad und CO₂-Betäubung im großen Stil praktiziert. Die elektrische Betäubung am Einzeltier wird nur in kleinen Betrieben vorgenommen.

BETÄUBUNG IM ELEKTRISCHEN WASSERBAD

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BETÄUBUNG IM ELEKTRISCHEN WASSERBAD


Bei der am häufigsten praktizierten Betäubungsmethode werden die Tiere kopfüber in ein Wasserbecken getaucht, das unter Strom steht.

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CO-BETÄUBUNG

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CO₂-BETÄUBUNG


Bei dieser Methode werden die Tiere zuerst betäubt und danach in die Vorrichtungen für Hals- oder Nackenschnitt gehängt.

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ELEKTRISCHE BETÄUBUNG AM EINZELTIER

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ELEKTRISCHE BETÄUBUNG 
AM EINZELTIER


Auch bei der elektrischen Betäubung am Einzeltier müssen die Tiere kopfüber in das Schlachtband eingehängt werden.

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Betäubung im elektrischen Wasserbad

In Schlachtanlagen, die für die Betäubung von Geflügel das elektrische Wasserbad einsetzen, müssen die Tiere einzeln per Hand durch Schlachthofmitarbeitern aus den Boxen entnommen und kopfüber in das Schlachtband eingehängt werden. Mit den Beinen werden sie dazu in Metallbügel gehängt, die für eine bessere Stromleitbarkeit mit Wasser befeuchtet sind. Dabei sind sie noch bei vollem Bewusstsein.

Das Schlachtband befördert die kopfüber hängenden Tiere dann in ein Wasserbecken, das unter Strom steht. Die Tiefe, wie weit die Tiere in das Wasser eintauchen müssen, ist ebenfalls vorgeschrieben: Ein Eintauchen bis zum Schlüsselbein muss lt. EU-Verordnung gegeben sein. Sobald der Kopf oder auch nur der Schnabel der Tiere mit dem unter Strom stehenden Wasser in Berührung kommt, sind sie bei korrekt eingestellten Parametern sofort betäubt und hängen bewegungslos mit versteiftem Körper am Bügel, der sie weiter durch das Wasserbad zieht. Die Bewusstlosigkeit wird durch eine epileptiforme Aktivität2 herbeigeführt3. Die Mindeststromstärke in Ampere, die Mindestspannung in Volt sowie die Höchstfrequenz in Hertz und diverse weitere Schlüsselparameter, die für eine korrekte Betäubung notwendig sind, sind gesetzlich vorgeschrieben und sollten täglich durch den Schlachthofbetreiber überprüft werden. 

Direkt nach der Betäubung im Wasserbecken befindet sich eine für den Schlachtprozess kritische Position, denn zwischen der Betäubung und dem Kehl- bzw. Nackenschnitt muss ein oder eine Schlachthofmitarbeiter:in stehen und die korrekte Betäubung an den Tieren kontrollieren. Hängt ein Vogel unbetäubt an dieser Stelle am Schlachtband, so muss schnell reagiert und nachbetäubt werden, da das Schlachtband läuft und für solche Zwischenfälle im Normalfall nicht gestoppt wird.

Nach der Betäubung gelangen die Tiere dann direkt weiter (innerhalb von 30 Sekunden) zu einer mechanischen Vorrichtung, die über Schienen die Köpfe der Tiere Richtung einer rotierenden Klinge lenkt, welche, je nachdem in welcher Ausrichtung der Vogel durch die Vorrichtung gezogen wird, den Nacken oder die Kehle und dabei die sich dort befindlichen beiden Arterien durchschneidet. Die Betäubung durch das Wasserbad muss mindestens für 60 Sekunden anhalten, damit die Tiere im bewusstlosen Zustand zum Nackenschnitt gelangen und auch während des Entblutens nicht wieder zu Bewusstsein kommen4. Der Tod tritt schließlich durch Blutverlust ein, sofern die Tiere nicht bereits einen Herzstillstand im Wasserbad erlitten haben.

Die nächsten Stationen am Schlachtband sind dann das Brühen und Entfedern, was ebenfalls mechanisch erfolgt. In den Brühtanks werden die nun toten Tiere mit kochendem Wasser besprüht, um das anschließende Entfedern zu erleichtern.

Exkurs Wassergeflügel: Für die Betäubung von Wassergeflügel, wie Enten und Gänse, kann in industriellen Schlachtanlagen nur die Wasserbetäubung verwendet werden. Diese Vögel verfügen, aufgrund ihrer an das Wasser angepassten Physiologie, über die Möglichkeit, ihre Nasenöffnungen zu verschließen (für das nach Futter tauchen unter Wasser). Enten und Gänse würden in einer CO₂-Kammer die Nasenöffnungen verschließen und so würde entweder ein zu geringer oder gar kein Betäubungserfolg gegeben sein.

Probleme bei der Wasserbadbetäubung

Bereits im Jahr 2006 wurde in Europa im Rahmen einer Bestandsaufnahme der Europäischen Union darüber diskutiert die Wasserbadbetäubung auslaufen zu lassen. Wissenschaft sowie Tierschutz weisen seit Jahrzehnten immer wieder auf die tierschutzrelevanten Probleme der Wasserbadbetäubung hin und empfehlen diese Form der Betäubung auslaufen zu lassen und durch andere Methoden zu ersetzen5.

Nichtsdestotrotz wurde die Empfehlung, die Wasserbadbetäubung schrittweise einzustellen, von der Europäischen Kommission 2008 mit dem Hinweis auf eine „wirtschaftliche Untragbarkeit“ nicht weiter bearbeitet6 und ist bis ins Jahr 2022 aufgrund ihrer wirtschaftlichen Vorteile die noch am häufigsten eingesetzte Betäubungsmethode in Europa7 wenn nicht sogar weltweit.

Die tierschutzrelevantesten Probleme, die bei der Wasserbadbetäubung auftreten, sind folgende:

Knochenbrüche stehen an der Tagesordnung

Jedes einzelne Tier wird von Schlachthofmitarbeitern händisch aus den Boxen entnommen und in die Bügel des Schlachtbandes kopfüber aufgehängt. Die Arbeit am Schlachtband wird von der Geschwindigkeit des Bandes bestimmt. Das bedeutet, die Arbeiter müssen zügig die Tiere entnehmen und aufhängen. Oft sind Tiere aber in den Boxen zusammengedrückt oder haben sich Gliedmaßen, wie Füße oder Flügel, zwischen anderen Tieren oder den Boxen eingeklemmt. Ein behutsames Entnehmen und „Entwirren“ der Tiere ist unter Zeitdruck nicht möglich, vor allem, weil viele der gestressten Tiere oft versuchen durch Flattern zu entkommen.

Obwohl die Mitarbeiter in der Handhabung geschult sind, sind Knochenbrüche an den Flügeln und Beinen nicht selten ein Resultat dieser Praxis. Die Tiere sind zu diesem Zeitpunkt noch bei vollem Bewusstsein.

Unnötige Stromstöße im Wasserbad

Da die Tiere bei vollem Bewusstsein kopfüber in den Bügeln hängen, versuchen manche von ihnen sich aufzurichten, heben den Kopf oder flattern mit den Flügeln, um sich aus ihrer Situation zu befreien. Dabei kommt es regelmäßig vor, dass sie, bevor sie betäubt sind, mit den Flügeln die Wasseroberfläche berühren und dadurch Stromstöße verpasst bekommen, wodurch sie noch hektischer werden8 und Gefahr laufen, unbetäubt aus dem Wasserbad weiter am Schlachtband befördert zu werden.

Fehlende Betäubung

Heben Tiere den Kopf an, während sie über das Wasserbad gefahren werden, so tauchen sie gegebenenfalls nicht ins Wasserbad ein und werden somit auch nicht betäubt9.

Doch auch die Einstellungen des Wasserbades müssen korrekt sein, denn die Anzahl der Tiere im Wasserbad, deren Größe, Gewicht, Knochenstruktur/-dicke beeinflussen den Stromwiderstand, der auf das einzelne Tier wirkt. Schwanken diese Parameter oder werden sie nicht korrekt eingestellt bzw. überprüft, so kann auch das die Effizienz der Betäubung beeinträchtigen10

Im Normalfall sind Mitarbeiter angewiesen die Tiere wieder so auszurichten, dass sie ins Wasserbad eintauchen. Da aber meist nur ein oder eine Mitarbeiter:in für die Betäubungskontrolle nach dem Wasserbad/vor dem Halsschnitt steht und dieser mehrere Handgriffe gleichzeitig machen muss, kann es vorkommen, dass Tiere gegebenenfalls unbetäubt über das Wasserbad fahren und ihnen bei vollem Bewusstsein der Hals oder der Nacken aufgeschnitten wird.

Lebende Tiere in der weiteren Verarbeitung, wie Brühen oder Entfedern

Gelangen Tiere dadurch, dass sie ihre Köpfe während der gesamten Wasserbadlänge anheben oder aufgrund ihrer zu geringen Größe unbetäubt zum Kehl-/Halsschnitt und heben auch dort den Kopf an, so werden sie lebend in die weiteren Schlachtprozesse transportiert11.

Es kann auch vorkommen, dass die Tiere zwar korrekt betäubt aus dem Wasserbad kommen, aber aus unterschiedlichen Gründen ihre Köpfe nicht in die Schienenführung für den Kehl-/Halsschnitt gelangt. Es kann auch vorkommen, dass nicht beide Arterien durchtrennt werden, da ihr Kopf z.b. eher seitlich in das rotierende Messer gezogen wird, wodurch der Blutverlust nicht schnell genug herbeigeführt wird.

Werden diese Tiere von den Mitarbeitern nicht manuell geschlachtet (Nacken-/Kehlschnitt), so gelangen sie im ersten Fall bei vollem Bewusstsein, im zweiten Fall zwar betäubt aber lebend in die Brühtanks und in die Entfederung12.

Aus diesem Grund wurden diese Positionen am Schlachtband als äußerst kritisch definiert. Dort müssen sich immer Mitarbeiter befinden. Bei sehr hohen Schlachtbandgeschwindigkeiten und sich daraus ergebenden hohen Schlachtzahlen können solche Vorfälle aber nie zu 100% ausgeschlossen werden.

Spagat zwischen Fleisch- und Betäubungsqualität

Das komplexe Zusammenspiel von Stromspannung, -frequenz und weiteren Parametern, die in den Wasserbad-Anlagen eingestellt werden müssen, können sich je nach Hersteller unterscheiden. Die EU-Verordnung gibt zwar Mindestwerte für Stromstärke, Spannung und Frequenz vor, wie die einzelnen Werte dann tatsächlich eingestellt werden ist in den Schlachthöfen aber oftmals unterschiedlich. Diese Art der Betäubung führt erwiesenermaßen zu Muskelkontraktionen bei den Tieren, die, sofern die Tiere korrekt betäubt sind, davon nichts spüren sollten. Blutungen im Fleisch und Knochenbrüche entstehen trotzdem, was sich negativ auf die Fleischqualität auswirkt. Die Konsequenz dieser Beeinträchtigungen ist, dass die Schlachthofbetreiber versuchen, diese Muskelkontraktionen und die damit einhergehende Minimierung der Produktqualität über die Stromeinstellungen zu verringern und somit in Bereiche bei den Parametern kommen, die eine korrekte oder lang genug anhaltende Betäubung der Vögel gegebenenfalls nicht mehr erreichen können13.

CO₂-Betäubung

Große kommerzielle Schlachtbetriebe setzen zum Teil mittlerweile auch eine CO₂-Betäubung ein. Da diese Anlagen sehr teuer sind, zahlt sich ein Umbau für kleinere Betriebe, die z.B. weniger als 150.000 Tiere pro Jahr schlachten, kaum aus.

Bei dieser Methode werden die Tiere nicht händisch von den Schlachthofmitarbeitern aus den Boxen entnommen. Das manuelle Handling der Tiere, die sich noch bei vollem Bewusstsein befinden, entfällt hier.

Von der Beförderungstechnik her gibt es zwei unterschiedliche Typen von Schlachtanlagen, die die Tiere mit CO₂ oder mit einem CO₂-Edelgasgemisch betäuben. Bei der einen Variante werden die Tiere aus den Boxen auf ein Förderband gekippt, das die Vögel in eine CO₂-Kammer weiterleitet und sie dort hindurch transportiert. Verlassen die Tiere die Kammer, so sollten sie sich im Normalfall in einem bewusstlosen Zustand befinden.

In der anderen Variante werden die Tiere in den Transportboxen belassen, welche gestapelt auf ein Förderband gehoben werden, das die Boxen in einen mehrere Meter hohen Turm befördert. Der Turm ist in diesem Fall die Gaskammer, in der meist in mehreren Phasen die CO₂-Konzentration der vorherrschenden Atmosphäre erhöht wird und so die Tiere betäubt werden.

Die betäubten Tiere werden durch die Schlachthofmitarbeiter dann entweder vom Förderband oder aus den Transportboxen einzeln gehoben und, wie bei der Wasserbadbetäubung, kopfüber in die Metallbügel des Schlachtbandes eingehängt. Der Unterschied zum Wasserbad ist hier, dass die Tiere erst in betäubtem Zustand vom Personal gehandhabt werden, wodurch in diesem Prozessabschnitt der Stress durch das Handling wegfällt und sich die Gefahr der Entstehung von Knochenbrüchen, Muskelrissen etc. stark verringert.

Bei der Betäubung mit Gasen können verschiedene Methoden mit unterschiedlichen Gaskonzentrationen und -zusammensetzungen zum Einsatz kommen. Zum einen gibt es die Betäubung mit CO₂ in zwei oder mehr Phasen (zu Beginn geringerer CO₂-Anteil von <40%, zweite Phase mit ca. 80%-90% CO₂) sowie die Verwendung von CO₂ kombiniert mit Edelgasen14. Die Verwendung von Edelgasen ist jedoch nicht sehr verbreitet, da CO₂ deutlich günstiger ist.

Wassergeflügel: Für Wassergeflügel, wie Enten und Gänse, wird die CO₂ Betäubung nicht eingesetzt. Wassergeflügel hat die Eigenschaft, dass es die Nasenlöcher verschließen kann, um nach Nahrung zu tauchen. Es hat sich gezeigt, dass Enten und Gänse auch in CO₂-Anlagen ihre Nasenöffnungen verschließen, um das Gas nicht einatmen zu müssen. Für diese Tiere wird in großen Anlagen die Wasserbadbetäubung eingesetzt.

Probleme bei der CO₂-Betäubung

Knochenbrüche und Muskelrisse beim Auskippen auf das Förderband

Werden die Vögel über ein Förderband in die CO₂-Betäubung transportiert, so werden sie dazu aus den Boxen gekippt. Obwohl die Tiere vor der Betäubung nicht händisch aus den Boxen entnommen werden, kann es an dieser Stelle ebenfalls zu Verletzungen der Tiere kommen. Fallen die Tiere beim Auskippen aufeinander oder hatten sie sich in den Boxen eingeklemmt, so kommt es auch bei diesem Vorgang zu Knochenbrüchen und Muskelrissen. Zum Beispiel wenn Tiere auf einem ausgestreckten Flügel eines anderen Tieres landen, das diesen wegziehen möchte etc.

Erhöhter CO₂-Gehalt in der Atemluft löst Stress aus

Wie Säugetiere haben auch Vögel Chemorezeptoren, die auf ein erhöhtes Vorkommen von CO₂ in der Atemluft und in weiterer Folge im Blut reagieren. Die Tiere schnappen vermehrt nach Luft, um durch schnelleres Atmen mehr Sauerstoff in den Körper zu bekommen. Man kann dies durch die Schnappatmung sowie Kopfschütteln, was als Anzeichen für Unwohlsein gedeutet werden kann, erkennen15.

Elektrische Betäubung am Einzeltier

Um das Problem der potenziell unterschiedlichen Betäubungseffizenz am Einzeltier der Wasserbadbetäubung in großen Schlachthöfen auszuschließen, wurden große kommerzielle Anlagen mit elektronischer Betäubung mittels Kopfdurchströmung (head-only stunning) entwickelt16. Dabei werden die Tiere ebenfalls kopfüber in ein Schlachtband gehängt, jedoch befindet sich jeder Körper in einem Trichter, der unten, wo sich der Kopf befinden, über Elektroden verfügt. Mit diesen Anlagen soll eine konstante Spannung, die auf das Gehirn der Vögel wirkt, gehalten werden und somit eine kontrollierte Betäubung des Einzeltiers erfolgen. Probleme, die z.B. aufgrund eines schlechten Kontakts zwischen Kopf und Elektrode bestehen, werden den Schlachthofmitarbeitern mittels Signal angezeigt.

In kleineren Systemen, z.B. wie in Österreich in der Direktvermarktung üblich, gibt es diese Form der Betäubung ebenfalls. Allerdings wird dabei das Einzeltier per Hand zu den Elektroden geführt.

In den Niederlanden wurde zusätzlich ein System entwickelt, das für eine Kopf-Kloaken-Durchströmung (head-to-cloaca stunning) sorgt. Dieses System wird aber bisher kaum eingesetzt.

Beide dieser Entwicklungen haben denselben Nachteil, wie die Wasserbadbetäubung: Die Tiere müssen auch hier manuell kopfüber in das Schlachtband eingehängt werden17.

Probleme bei Transport und Schlachtung von Geflügel

Die Zeit vor der eigentlichen Betäubung und Schlachtung stellt eine große Herausforderung an die Tiere dar.

Eingestellte Futter- und Wasserversorgung bereits über mehrere Stunden am Herkunftsbetrieb

Der Zugang zu Futter wird den Tieren bereits bis zu 12 Stunden vor dem Einfangen verwehrt, um Kropf und Innereien frei von Futterresten zu halten, was bei der Schlachtung zu einer hygienischeren Handhabung führt. Meist sitzen die Tiere nach dem Fangen bis zu 12 Stunden oder länger in den Transportboxen fest, bevor sie schließlich der Schlachtung zugeführt werden.

In diesen Stunden haben sie auch keinen Zugang mehr zu Wasser und oft wird auch die Wasserversorgung bereits am Betrieb vor dem Fangen der Tiere abgedreht. Das bedeutet, die Tiere haben über viele Stunden keinen Zugang zu Wasser, was sich besonders negativ in der wärmeren Jahreszeit auf das Wohlbefinden auswirkt. Dem wird mittlerweile versucht bei heißeren Temperaturen durch Sprühnebel in den Wartehallen der Schlachthöfe ein bisschen entgegenzuwirken und ihnen so Feuchtigkeit zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der Dichte der Vögel und der gestapelten Boxen werden damit aber auch nicht alle Tiere erreicht. Vor allem jene Vögel in der Mitte der Boxen, welche dann auch noch in der Mitte gestapelt wurden, haben auch hier keinen Zugang. 

Kaum Bewegungsmöglichkeiten in den Transportboxen über eine sehr lange Zeit

In dieser Zeit können sie sich kaum bewegen, nicht aufstehen, weder Flügel noch Beine strecken. Wurden ihre Gliedmaßen zum Beispiel zwischen anderen Vögeln eingeklemmt oder aufgrund unachtsamem in die Box Setzen verdreht, so können sie diesen Zustand schwer selbst verändern und müssen in dieser Position für mehrere Stunden unter Stress verharren. Beim mechanischen Abladen der Boxen kann es auch passieren, dass eingeklemmte Gliedmaßen und Köpfe, die aus Boxen mit größeren Löchern herausragen, verletzt und gebrochen werden.18 

Beim Transport den klimatischen Bedingungen schutzlos ausgesetzt

In den Wintermonaten oder bei kalten, regnerischen Bedingungen sind gerade die Vögel, die in den Boxen am Rand sitzen, dem Fahrtwind und den klimatischen Bedingungen schutzlos ausgesetzt, denn sie können sich nicht bewegen und sich „einen geschützteren Platz“ in der Box suchen. Es kann vorkommen, dass die Tiere am Rand im Winter bei sehr kalten Temperaturen und durch den Fahrtwind Erfrierungen erleiden.

Den dabei entstehenden Temperaturen und Bedingungen sind diese Tiere, die in temperierten Hallen gelebt haben, in keinster Weise gewappnet. Dauern Transporte länger an, so ist das bei extremen Wetterbedingungen immer ein Problem. Vor allem in den Sommermonaten erreichen signifikant mehr tote Tiere die Schlachthöfe19.

VIER PFOTEN FORDERT

  • Hohe Strafen für Personen, die am Schlachthof gegen die geltenden Vorschriften verstoßen und wirksame Sanktionen für Schlachtbetriebe, welche die Einhaltung der Vorschriften nicht gewährleisten.
  • Eine verpflichtende Kameraüberwachung an allen sensiblen Stellen: Überwacht werden sollen mindestens das Entladen der Tiere bei der Ankunft, der Zutrieb zur Betäubung, die Fixierung und die Betäubung sowie das Stechen/Entbluten der Tiere. Zudem fordern wir eine manipulationssichere Aufbewahrung und regelmäßige Auswertung der Aufzeichnungen von einer unabhängigen Kontroll-Institution.
  • Die ständige Anwesenheit eines vom Schlachthof unabhängigen Tierarztes, der alle, für das Wohl der Tiere relevanten, Bereiche überwacht und bei auftretenden Problemen über Entscheidungsbefugnis gegenüber den Schlachthofmitarbeitern verfügt.
  • Eine Unterstützung und Förderung von Betrieben, die ihre Tiere am Hof schlachten möchten - unter Einhaltung strenger Tierschutzbestimmungen und unter Anwesenheit eines Tierarztes.
  • Die Durchführung von Nottötungen so schnell als möglich am landwirtschaftlichen Betrieb durch Tierärzte (Euthanasie) oder wenn dies nicht rasch möglich ist, durch eine qualifizierte Person im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben durch vorherige Betäubung und Entblutung.
  • Das Vermeiden langer Wartezeiten und des damit einhergehenden Leidens der zur Schlachtung bestimmten Tiere. Das Ausladen der Tiere am Schlachthof muss innerhalb von 30 Minuten stattfinden, die Schlachtung innerhalb von maximal zwei Stunden nach Ankunft am Schlachthof.
  • Verbot einer Schlachtung ohne Betäubung, auch bei rituellen Schlachtungen.
  • Verbot der Wasserbadbetäubung von Geflügel (inklusive Wassergeflügel).
  • Verbot der Tötungsmethode "Genickbruch/Zervikale Dislokation" ohne vorherige Betäubung.
  • Verbot der Tötungsmethode "Abtrennen des Kopfes" bei Geflügel ohne vorherige Betäubung.
  • Verbot des Entblutens von Geflügel ohne vorherige Betäubung.

Fußnoten
2 Definiert als epileptischer Anfall und anfallsartige periodische, rhythmische Muster der Hirnaktivität

Quellenverweis

1, 3, 7, 13, 15, 16, 17 Berg, C., & Mohan, R. (2015). A review of different stunning methods for poultry - Animal welfare aspects (stunning methods for poultry). Animals; 5, 1207-1219.
4 Hindle, V. A., Lambooij, E., Reimert, H. M., Workel, L. D., & Gerritzen, M. A. (2010). Animal welfare concerns during the use of the water bath for stunning broilers, hens and ducks. Poultry Science 89, 401-412.
5 EFSA. (2014). Scientific opinion on electrical requirements for waterbath stunning equipment. EFSA Journal 12:3745.
6 Kommission der Europäischen Gemeinschaften. (2008). Vorschlag für eine Verordnung des Rates über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung (2008/0180 CNS). Brüssel: Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
8, 9, 11, 12 EFSA. (2013). Scientific Opinion on monitoring procedures at slaughterhouses for poultry. EFSA Journal 2013; 11(12):3521.
10 Hindle, V. A., Lambooij, E., Reimert, H. M., Workel, L. D., & Gerritzen, M. A. (2010). Animal welfare concerns during the use of the water bath for stunning broilers, hens and ducks. Poultry Science 89, 401-412; Berg, C., & Mohan, R. (2015). A review of different stunning methods for poultry - Animal welfare aspects (stunning methods for poultry). Animals; 5, 1207-1219.
14 EFSA. (2013). Scientific Opinion on monitoring procedures at slaughterhouses for poultry. EFSA Journal 2013; 11(12):3521; Berg, C., & Mohan, R. (2015). A review of different stunning methods for poultry - Animal welfare aspects (stunning methods for poultry). Animals; 5, 1207-1219.
18, 19 EFSA. (2019). Slaughter of animals: poultry. EFSA Journal 2019;17(11):5849.

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