Wildtiere sind keine Haustiere
Appell an Tierhalter: Unterstützen Sie den Handel mit Exoten und Wildtieren nicht!
Nicht nur in Zoologischen Gärten und Tierparks werden Wildtiere gehalten. Auch in österreichischen Wohnzimmern erfreuen sich nicht domestizierte Tierarten großer Beliebtheit. Ein gefährlicher Trend für Mensch und Tier, denn die Haltung von Wildtieren ist äußerst schwierig, zeitaufwändig und in einigen Fällen auch kostspielig. Aufgrund der hohen Ansprüche werden Wildtiere immer wieder von ihren Besitzern abgegeben, entfliehen oder werden im schlimmsten Fall in der heimischen Natur ausgesetzt.
Aus Tierschutzsicht sind viele Tierarten als Heimtier völlig ungeeignet. Dies gilt besonders für Wildtierarten, denn im Gegensatz zu domestizierten Arten haben sich Wildtiere nicht über Jahrtausende an die Haltung in menschlicher Obhut angepasst. Wildtiere verfügen über angeborene, vererbbare und arttypische Verhaltensweisen und Körpermerkmale, die sich von denjenigen der domestizierten Verwandten stark unterscheiden.
Im Gegensatz zu den domestizierten Haustieren sind bei Wildtieren zum Beispiel Jagdtrieb und Fluchttrieb immer noch stark ausgebildet. Das ändert sich auch nach mehreren Generationen in Gefangenschaft nicht. Die hohen Ansprüche können Privathalter in den meisten Fällen nicht erfüllen. Für manche Arten gibt es nicht einmal genug Informationen über die Lebensgewohnheiten in der freien Natur. Aber nicht nur Tierschutzaspekte sprechen gegen den Leguan, den Ara oder den exotischen Kleinsäuger in Haus und Garten. Der internationale Handel mit Wildfängen für die Privathaltung gefährdet wildlebende Tierarten.
Artgemäße Haltung nur schwer möglich
Die EU ist international einer der größten Absatzmärkte und Umschlagplätze für exotische Heimtiere. Als Hauptabsatzkanäle dienen dabei Online-Plattformen und ausländischen Tierbörsen, auf denen potenzielle Käufer spontan, ohne Vorkenntnisse, Aufklärung, Beratung und/oder Kontrollen nahezu alles kaufen können. Viele Tierarten werden für ein Taschengeld verkauft, was die Gefahr von Spontankäufen erhöht.
Die Ansprüche vieler Tiere in Bezug auf Ernährung, Unterbringung, Raumklima oder Sozialstruktur sind sehr komplex. Oft erfordert die Haltung erhebliche finanzielle Mittel. Viele Arten werden sehr alt und können enorme Körpergrößen erreichen. Dieser jahrzehntelangen Verantwortung sind nicht alle Halter gewachsen. Die gestiegenen Energie- und Futterkosten setzen die Halter zunehmend unter Druck. Tierheime, Auffangstationen und Artenschutzzentren sind überfüllt mit den dort abgegebenen Tieren und schlagen schon seit langem Alarm.
Selbst gefährliche Tiere können in die Hände unerfahrener Halter gelangen. Recherchen von Tierschutzorganisationen zeigen immer wieder: Auf Exotenmessen und in Zoogeschäften werden die Kunden keineswegs immer ausreichend über die oftmals komplexen Bedürfnisse der Tiere, mögliche Gefahren und gesetzliche Grundlagen informiert. VIER PFOTEN hat 2020 bei der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien die antretenden Parteien befragt, wie sie zu einem verpflichtenden Sachkundenachweis für Exoten stehen. Fast alle Parteien befürworteten diesen Sachkundenachweis und er steht auch im Regierungsprogramm der neuen Wiener Regierung. Anfang 2023 wurde er verpflichtend einmal für Papageienvögel und einmal für Reptilien und Amphibien eingeführt.
Undurchschaubarer Wildtierhandel
Jeder Laie kann sich im Zoohandel, auf ausländischen Tierbörsen, in Gartencentern, bei privaten Züchtern oder über das Internet exotische Wildtiere anschaffen. Vor allem über Online-Plattformen können Tiere aus aller Welt verschickt werden. Durch die vielen Berührungspunkte des legalen mit dem illegalen Wildtierhandel ist es oft unmöglich für Käufer aber auch für Behörden zu sagen, ob die Tiere illegal aus der freien Wildbahn entnommen wurden.
Beliebte Tierbörsen
Auch im Fachhandel ist oft eine artgemäße Unterbringung von Wildtieren nicht gegeben. Viele Tierschutzprobleme finden sich auf Exotenbörsen. In winzigen Präsentationsboxen ausgestellt sind Rückzugsmöglichkeiten und eine artgemäße Ausstattung nicht vorhanden. Als zusätzlicher Stressfaktor werden die Tiere immer wieder angefasst oder aus ihren Behältnissen herausgenommen. Sie sind einem enormen Geräuschpegel ausgesetzt und haben in der Regel stundenlange Transporte vor und hinter sich.
In Österreich gilt seit 1. April 2016 ein Verkaufsverbot für Wildtiere auf Börsen. Das ist ein wichtiger Meilenstein für den Tierschutz. Allerdings ist das Tauschen von Wildtieren bei Tauschbörsen weiterhin erlaubt.
Boomender Exotenhandel
Der illegale Wildtierhandel ist weltweit eines der größten illegalen Geschäfte.1, 2 Ein großer Teil der gehandelten Exoten stammt aus der freien Wildbahn. Wildfänge und der Handel mit ihnen stellen eine große Bedrohung für die Artenvielfalt dar. Vom Fang über den Transport, den mehrstufigen Zwischenhandel und den Endhändler bis hin zum Endkunden: Auf allen Etappen lassen viele Tiere aufgrund völlig inakzeptabler Fang- und Transportbedingungen ihr Leben. Doch trotzdem steigt die Nachfrage nach exotischen Haustieren, weshalb deren Importe explodieren.
Private Nachzuchten im heimischen Wohnzimmer stellen keinen nennenswerten Beitrag zum Artenschutz dar, nicht zuletzt weil viele Arten gezielt auf immer neue Farbvarianten gezüchtet oder Kreuzungen zwischen verschiedenen Unterarten forciert werden. Das Leiden einzelner Tiere darf niemals im Sinne des Artenschutzes in Kauf genommen werden. Die negativen Auswirkungen des internationalen Tierhandels auf wildlebende Tiere sind belegt, denn manche Arten wurden an den Rand der Ausrottung gebracht. Die Haltung von Exoten kann aber auch heimische Wildtiere gefährden: Entwichene oder ausgesetzte Tiere schädigen die heimische Natur- und Tierwelt und führen schlimmstenfalls zu einer Verdrängung einheimischer Spezies.
Sicherheitsrisiko
Viele exotische Heimtiere stellen ein enormes Sicherheitsrisiko dar. Zahlreiche dieser Tiere können sehr gefährlich für den Halter sein, aber auch unbeteiligte Personen sind immer wieder durch entkommene Individuen gefährdet. Hierbei kommt es auch immer wieder zu Vorfällen mit verbotenen Arten.
Völlig unterschätzt und übersehen wird ebenfalls die Ansteckungsgefahr mit Infektionskrankheiten. Eine Vielzahl an viralen, bakteriellen Krankheiten, aber auch Parasiten können von Schildkröten, Leguanen, Waranen, Schlangen und Vögeln auf den Menschen übertragen werden. Dazu gehören unter anderem Hepatitis, Tuberkulose, Tollwut und viele weitere. Auch SARS-CoV-2 wurde höchstwahrscheinlich von einem Wildtier auf den Menschen übertragen. Staatliche Gesundheitsinstitute weisen vermehrt auf die Gefahren durch Salmonellen bei der Reptilienhaltung hin, insbesondere Schwangere, Kinder oder ältere Menschen sollten keinen Kontakt zu dieser Tiergruppe haben.
Rechtliche Situation
In Österreich dürfen auf Grundlage der 2. Tierhaltungsverordnung zwar verschiedene exotische Säugetierarten nicht als Heimtiere gehalten werden, dennoch ist die Artenliste, mit Tieren, die ganz legal gehandelt werden dürfen, schier unendlich. Zusätzlich haben Bundesländer eigene Regelungen. Aktuell besteht für exotische Tiere eine Meldepflicht, die allerdings oft nicht eingehalten wird. Die Stadt Wien hat 2023 einen verpflichtenden Sachkundenachweis für Papageien-, Reptilien- und Amphibienhalter eingeführt. VIER PFOTEN setzt sich weiterhin bundesweit für einen verpflichtenden Sachkundenachweis durch unabhängige Gremien, sowie eine Positiv-Liste (eine Liste von erlaubten Tierarten anstatt von verbotenen Tierarten) ein.
VIER PFOTEN FORDERT
Nationale Forderungen
- Einführung einer bundeseinheitlichen Positivliste, die festlegt, für welche Arten der Handel und die Privathaltung unter Berücksichtigung von Tier-, Natur- und Artenschutz sowie aus Gesundheits- und Sicherheitsaspekten akzeptabel sind.
- Die Einführung eines bundeseinheitlichen, verbindlichen Sachkundenachweises vor Anschaffung des Tieres sowie Registrierungspflicht für Privathalter.
- Beschränkung des Verkaufs von Wildtieren für die Privathaltung auf zugelassene Zoofachhandlungen sowie bewilligte Züchter.
- Die Einführung eines bundesweiten Registers für alle Wildtiere in Privathaltung.
- Die Einführung einer Bewilligungspflicht für alle Wildtier-Züchter sowie einer öffentlich einsehbaren Datenbank aller Züchter.
EU-Forderungen
- Gesetzliche Regelungen auf nationaler und EU-Ebene, die den Import und den Handel von Tieren verbieten, die im Herkunftsland, nicht aber international geschützt sind.
- Europäisches Handelsverbot und Verbot des postalischen Versands von Wildtieren über Online-Portale und gewerblichen Tierbörsen, wie Messen und Ausstellungen.
- Ein Importverbot für Wildfänge zum Zweck der privaten Tierhaltung auf Bundes- und EU-Ebene.
Was sie tun können
- Finger weg von Wildtieren im Internet!
- Entscheiden Sie sich am besten für ein domestiziertes Haustier aus dem Tierheim.
- Sollten bereits exotische Arten in Ihrem Haushalt leben, stellen Sie sicher, dass die Tiere bestmöglich den Bedürfnissen Ihrer Art entsprechend gehalten werden.
- Besuchen Sie keine Messen, auf denen Wildtiere getauscht werden oder mit ihnen gehandelt wird.
Quellenverweis
2 L. S. Wyler, P. A. Sheikh, “International illegal trade in wildlife: Threats and U.S. policy,” CRS Report for Congress