VIER PFOTEN: EU macht Pelz wieder salonfähig
Ohne Abstimmung mit Mitgliedsstaaten: Neues „Tierwohlreferenzzentrum“ für Pelztiere geschaffen
Wien - Für VIER PFOTEN ist es nicht weniger als ein Skandal und ein Riesen-Rückschritt im Tierschutz: Die EU-Kommission hat, entgegen den Gepflogenheiten, ohne Einbindung und Abstimmung mit den Mitgliedsstaaten das so genannte „Tierwohlreferenzzentrum“ für Geflügel, Kaninchen und auch Pelztiere geschaffen. VIER PFOTEN hatte die Pläne dafür, die nicht öffentlich gemacht worden waren, bereits im Frühjahr heftig kritisiert. Denn das Referenzzentrum bedeutet nicht weniger als die weitere Legitimierung der Pelztierzucht: Es schafft Standards für Haltung und Kontrollen.
„Dass die EU-Kommission hier ohne die Rücksprache mit den Mitgliedsstaaten entscheidet, ist inakzeptabel“, sagt VIER PFOTEN Präsident Heli Dungler. „Aber natürlich ist ganz offensichtlich, warum sie das heiße Thema nicht diskutieren will: Einige Mitgliedsstaaten, wie auch Österreich im Jahr 2005, haben die Haltung von Pelztieren bereits verboten und hätten gegen diesen Plan gestimmt.“
Kann Österreich sein Pelzzuchtverbot aufrechterhalten?
Es gibt in der EU bereits ein Referenzzentrum für Schweine. Für die Schaffung dieser Institution im Jahr 2018 wurden damals allerdings alle Mitgliedsstaaten konsultiert. Bei Nutztieren ist eine solche Einrichtung notwendig und gerechtfertigt, da sie generell unter menschlicher Obhut gehalten werden und Standards daher sinnvoll sind. Heli Dungler: „Wenn das Halten von Wildtieren genauso normal, ja sogar erwünscht ist wie das Halten von Nutztieren, dann werden Pelzfarmen schlicht salonfähig gemacht. Und wenn man denkt, dass der freie Wettbewerb einer der Grundpfeiler der EU ist, wird es wohl nicht lange dauern, bis das österreichische Verbot von Pelztierfarmen unter Beschuss steht. Ich persönlich bezweifle, dass wir es langfristig aufrechterhalten können.“
Das Argument der EU-Kommission, die Standards dienen der besseren Kontrolle der Pelztierfarmen, ist für VIER PFOTEN schlicht fadenscheinig. „Ein Wildtier kann niemals in einem Käfig gehalten werden – dafür kann es keine Standards geben. Das sehen ja auch immer mehr EU-Mitgliedsstaaten so und setzen daher auf ein Verbot bzw. ein Auslaufen von Pelztierzucht in ihren Ländern“, sagt Heli Dungler.
Dubiose Rolle der Universität Aarhus
Eine äußerst dubiose Rolle spielt außerdem ein Partner im Konsortium, das von der EU-Kommission mit der Funktion des Tierwohlreferenzzentrums betraut worden ist. Laut Informationen von VIER PFOTEN arbeitet die Universität Aarhus eng mit der Pelzindustrie zusammen. Sie war auch an der Erarbeitung des neuen Zertifizierungssystems “WelFur” für die europäische Pelzbranche beteiligt. Dabei können die Tiere wie bisher in winzigen Drahtkäfigen gehalten werden.
„Es arbeitet also eine Universität an Tierwohlstandards für Pelztiere mit, die mit der Pelzindustrie kooperiert. Das kann man nur als Verhöhnung all jener Bürgerinnen und Bürger in der EU bezeichnen, denen Tierwohl am Herzen liegt“, bringt es VIER PFOTEN Präsident Dungler auf den Punkt. Er hält fest: „Tierschutz und Pelzfarmen schließen einander aus. Es gibt keinen ethisch oder tierschutzkonform erzeugten Pelz.“
Eine Reihe von Mitgliedsstaaten wie Österreich, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Slowenien, Tschechien, Kroatien und das Vereinigte Königreich haben die Haltung von Pelztieren gesetzlich verboten. Dort existieren schon heute keine Pelzfarmen mehr, oder diese Praxis läuft nach einer Übergangszeit aus. Entsprechende Regelungen sind für Polen, Irland, Litauen und Estland angekündigt oder werden derzeit geprüft. In Dänemark ist die Haltung von Füchsen auf Pelzfarmen untersagt.
Andere EU-Mitgliedstaaten, namentlich Deutschland, Italien und Schweden, haben strengere Haltungsvorgaben für Pelztiere erlassen, die langfristig zu einem Aus dieser Praxis führen dürften Die letzte deutsche Nerzfarm hat bereits Anfang des Jahres ihren Betrieb eingestellt.
Mag. Elisabeth Penz
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VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freund:innen in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemäßer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen.
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