Import von Martinigänsen 2023 stark gestiegen
Deutlich mehr Einfuhren aus Ungarn und Polen, wesentlich weniger aus Deutschland
Wien - Im Jahr 2023 sind die Importe von Martinigänsen laut Statistik Austria wieder deutlich gestiegen. Wurden 2022 noch rund 1.370 Tonnen eingeführt, waren es im vergangenen Jahr rund 1.774 Tonnen. Für VIER PFOTEN ist besonders alarmierend, dass die Einfuhren aus Ungarn und Polen stark gestiegen sind: Denn in Ungarn werden sowohl Stopfmast als auch Lebendrupf bei Gänsen praktiziert, in Polen der Lebendrupf. Beides sind extrem grausame Praktiken, die in Österreich seit langem verboten sind. Ein großer Teil der importierten Gänse landet in der Gastronomie. Daher fordert VIER PFOTEN erneut eine verpflichtende Kennzeichnung nach Haltung und Herkunft, die auch die Gastro umfasst.
„Gänse aus Ungarn oder Polen sind natürlich deutlich billiger als österreichische. Leider sind bei dieser Geiz-ist-geil-Mentalität die Tiere die großen Verlierer – neben den Konsument:innen, die Fleisch von gequälten Tieren essen“, sagt VIER PFOTEN Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck.
Die Zahlen sprechen für sich: Im Vergleich mit 2022 sind die Gänse-Einfuhren aus Ungarn von rund 973 Tonnen auf rund 1.393 Tonnen und damit um 43 Prozent gestiegen. Die Importe aus Polen stiegen von etwa 332 Tonnen auf etwa 349 Tonnen bzw. um 5,1 Prozent. Gleichzeitig sind die Importe aus Deutschland, wo Stopfmast und Lebendrupf verboten sind, von 53,5 Tonnen auf rund 30 Tonnen und damit um ca. 44 Prozent gesunken.
Im Lebensmitteleinzelhandel sowie in öffentlichen und privaten Kantinen wird Fleisch mittlerweile nach Herkunft gekennzeichnet. Im Handel etwa steht oft auch „ohne Stopfmast und Lebendrupf“ auf dem Etikett. Hier können sich Konsument:innen also bewusst gegen die schlimmsten Tierquälereien entscheiden. „Nur in der Gastronomie haben wir nach wie vor kein Recht auf Transparenz. Wir fordern daher eine verpflichtende Kennzeichnung sowohl nach Haltung als auch nach Herkunft für die Gastronomie“, sagt Weissenböck.
Auch wenn der Lebensmitteleinzelhandel Lebendrupf und Stopfmast explizit ausschließt und entsprechend kennzeichnet, gilt freilich: Die Bedingungen der Tiere im Ausland sind praktisch immer schlechter als in Österreich. Sie werden zum Großteil in Intensivmast gehalten. Das bedeutet große Bestände, hohe Besatzdichten, kürzere Mastperioden, hochkonzentriertes und zum Teil gentechnisch verändertes Futter sowie fehlenden Badezugang. Ihre artspezifischen Bedürfnisse können die Tiere nicht ausleben.
Daher ist für VIER PFOTEN wichtig: Wer unbedingt Martinigansl essen möchte, sollte auf jeden Fall zur österreichischen Weidegans oder zur österreichischen Biogans greifen. Hier sind die Haltungsbedingungen wesentlich strenger als im Rest der EU. Bei Besuchen in Restaurants rät VIER PFOTEN dazu, „lästig“ zu sein und immer genau nachzufragen. „Ist es keine Weide- oder Biogans aus Österreich, empfehlen wir, lieber ein alternatives Lokal zu suchen, das eine solche anbietet - auch wenn das vielleicht teurer ist. Ein besseres Leben für ein Tier muss uns das wert sein“, sagt Weissenböck.
Hintergrund
In der Stopfmast wird den Tieren täglich ein langes Rohr in die Speiseröhre gerammt. Durch dieses Rohr wird ihnen ein Gemisch aus Mais und purem Fett verabreicht, das zu einer raschen Gewichtszunahme und einer krankhaften Vergrößerung der Leber führt. Denn auf Dauer kann die Leber die großen Mengen Fett nicht mehr verarbeiten und wächst auf das bis zu Zehnfache ihrer normalen Größe.
Der Lebendrupf, den Gänse vor ihrer Schlachtung zur Gewinnung von Daunen erleiden müssen, ist nicht minder grausam: Bis zu vier Mal in ihrem Leben werden Gänsen ohne Betäubung die Federn ausgerissen, so genannten Elterntieren, die für die Nachzucht gehalten werden, sogar bis zu 16 Mal. Dabei kommt es regelmäßig zu offenen Wunden und Verletzungen wie Knochenbrüchen. Die grausame Prozedur ist in der EU zwar verboten. Während der natürlichen Mauser bzw. des Gefiederwechsels der Vögel ist das Sammeln von Federn und Daunen bzw. das Ernten von „reifen” Federn (noch am Tier) jedoch erlaubt, was von den Gänsefarmern ausgenützt wird. In der Realität mausern aber nicht alle Tiere gleichzeitig, dennoch werden sie aus rein wirtschaftlichen Gründen unter dem Deckmantel der Mauser zum selben Zeitpunkt brutal gerupft.
Mag. Elisabeth Penz
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Über VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freund:innen in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemäßer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen.
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