ein Lamm

Das Schweigen der Lämmer: Jährlich zehn Millionen tote Tiere für die Modeindustrie

Schockierendes neues Filmmaterial verdeutlicht extrem hohe Sterblichkeitsrate von australischen Lämmern 

25.3.2024

Wien/Sydney - Auf der Plattform "Farm Transparency Project" wurde neues Filmmaterial veröffentlicht, das die schockierende und weitgehend unbekannte Realität für Millionen von Lämmern offenbart, die für die weltweite Wollproduktion eingesetzt werden. In Australien, dem führenden Wollproduzenten, übersteigt die Sterblichkeitsrate von Lämmern den weltweiten Durchschnitt (neun bis 20 Prozent) um bis zu zehn Prozent und erreicht in einigen Fällen sogar 70 Prozent, was dazu führt, dass jedes Jahr schätzungsweise zehn Millionen Lämmer verenden. Auch Österreich bezieht einen großen Teil seiner Wolle aus Australien. Zu den größten Risiken für neugeborene Lämmer gehören Geburtskomplikationen, schlechte Haltungsbedingungen und fehlender Wetterschutz. In einem aktuellen Dossier fordert VIER PFOTEN dringende Maßnahmen zum Schutz dieser Tiere[1]. Die Zucht von Schafen mit weniger Hautfalten hätte das Potenzial, zahlreiche Tierschutzprobleme wie hohe Sterblichkeitsraten, aber auch Fliegenbefall zu verhindern. Damit wäre auch die veraltete und grausame Praxis des Mulesing (Lämmerverstümmelung) überflüssig.

„Jedes Jahr verhungern und erfrieren Millionen von Lämmern, meistens in absoluter Einsamkeit. Ist das Muttertier in der Nähe, muss es den Todeskampf der Nachkommen hilflos mitansehen. Dieses unnötige Leiden hat ein unvorstellbares Ausmaß angenommen - es ist herzzerreißend. Das Problem muss dringend bekämpft werden.“ 

Veronika Weissenböck, Kampagnenleiterin von VIER PFOTEN

Hinweis: Bei Ansicht dieses Videos eventuell auftauchende Werbeeinblendungen stehen in keinem Zusammenhang mit VIER PFOTEN. Wir übernehmen für diese Inhalte keinerlei Haftung.

Für ein australisches Schaf besteht die größte Hürde darin, nicht innerhalb der ersten drei Tage nach seiner Geburt zu sterben. Zu diesem Zeitpunkt werden über 80 Prozent der Todesfälle bei Lämmern gemeldet. Wenn sie überleben, werden den meisten Lämmern im Alter von zwei bis zwölf Wochen ohne Betäubung Hautstreifen vom Gesäß abgeschnitten (auch Mulesing genannt), um Madenbefall zu verhindern. Die Tiere leiden tagelang unerträgliche Schmerzen. Es dauert Wochen, bis die Wunde verheilt. Mehr als zehn Millionen Tiere werden jährlich so verstümmelt, was einer Studie zufolge in den untersuchten Betrieben zu einer Todesrate von weiteren vier Prozent führt.

Studien zeigen außerdem, dass auch Mütter von Lämmern einem hohen Risiko ausgesetzt sind. Allein aufgrund von Geburtskomplikationen (Dystokie) sterben in Australien schätzungsweise fast 300.000 Mutterschafe pro Jahr. 

Je weniger Falten, desto höher die Überlebensrate

Die Lösung beginnt, bevor das Lamm überhaupt geboren ist: mit der richtigen Zuchtauswahl und einem angemessenen Herdenmanagement. Wollproduzent:innen wie Don Mudford, ein australischer Züchter aus New South Wales, gehen mit gutem Beispiel voraus. Mudford verzichtete auf Mulesing und erzielte durch die Umstellung auf Schafe ohne übermäßige Hautfalten und somit glatten Körpern eine höhere Überlebensrate der Lämmer.

Mudford: „Seit der Umstellung habe ich festgestellt, dass unsere Mutterschafe weniger Probleme bei der Geburt haben und besser mit den körperlichen Anforderungen der Mutterschaft zurechtkommen." 

Berichte vieler Züchter:innen belegen den Zusammenhang zwischen Schafen mit glattem Körperbau, die gegen Fliegenbefall resistent sind, und einer höheren Überlebensrate der Lämmer. Dies wurde auch in einer 2020 durchgeführten Umfrage von BG Economics unter fast 100 Wollproduzent:innen aus ganz Australien festgestellt. Dennoch braucht es mehr Studien, die diesen Zusammenhang genauer erforschen.

VIER PFOTEN fordert die dringende Einführung von Zucht- und Haltungspraktiken, die dem Überleben von Lämmern und Mutterschafen Priorität einräumen. Dazu gehört die Zucht von Schafen, die gegen Fliegenbefall resistent sind und einen glatten Körper haben, zusätzlich zu anderen Techniken, die im Dossier „Lämmersterblichkeit im Fokus“ beschrieben werden. Entscheidend ist auch, dass die Industrie Forschungen intensiviert und in Trainings investiert, um Produzent:innen bei Verbesserungen zu unterstützen. Unternehmen, Einzelhändler:innen sowie Zertifizierungsstellen, die vom Verkauf der Wolle profitieren, stehen dabei ebenfalls in der Verantwortung.

Darüber hinaus wird in der Forschung und aus Erkenntnissen von Landwirten berichtet, dass Schafe mit glattem Körperbau eine höhere Überlebensrate bei Lämmern aufweisen.

 

Hier finden Sie die das vollständige VIER PFOTEN Dossier (Englisch).  

Hier finden Sie die Umfrage unter Wollproduzent:innen.  

Hier finden Sie Don Mudfords Fallstudie.  

Hier finden Sie das investigative Filmmaterial, das von Collective Fashion Justice in das Farm Transparency Project hochgeladen wurde. 

Schafe und Lämmer beim Grasen

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