Forderung nach Verbot des Beiß- und Angriffstrainings von Hunden durch Private
Offener Brief an Bundeskanzler Nehammer
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Im Oktober dieses Jahres wurde Österreich vom tragischen Tod einer Joggerin in Oberösterreich erschüttert, die nach einer Hundeattacke ihren Verletzungen erlag. Fotos, die auf Social Media veröffentlicht wurden, legen nahe, dass der beteiligte Hund an einem Beiß- und Angriffstraining teilgenommen hat, wie es im Rahmen des Gebrauchshundesports angeboten wird. Der Vorfall hat eine intensive Debatte darüber ausgelöst, ob ein solches Training, d.h. das „Scharfmachen“ von Hunden, noch zeitgemäß oder vielmehr eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und des Tierwohls ist.
Wie Sie wissen, hat Bundesminister Rauch einen Vorschlag für ein gesetzliches Verbot des Beiß- und Angriffstrainings für Privatpersonen gemacht. Das bedeutet keineswegs das Verbot des gesamten - dreiteiligen - Gebrauchshundesports: Die Teile „Fährtenarbeit“ und „Unterordnung“ würden nach wie vor erlaubt sein, lediglich der äußerst problematische so genannte „Schutzdienst“ wäre von einem solchen Verbot betroffen. Davon unberührt würden auch alle anderen Hundesportarten wie beispielsweise „Agility“ sowie die Ausbildung von Diensthunden des Bundesheeres und der Polizei bleiben.
Eine breite Allianz aus österreichischen Tierschutzorganisationen (Tierschutz Austria, VIER PFOTEN, Tierschutzverband NÖ, Arche Noah, Verein gegen Tierfabriken, Gut Aiderbichl, Tierquartier Wien, Tierschutzombudsstelle Wien, Pro Tier, Verein PFOTENHILFE und Verein Freunde der Krone Tierecke) unterstützt den Ministervorschlag und spricht sich klar gegen diese Beiß- und Angriffstrainings aus. Denn die Prüfungsordnung beinhaltet nachgestellte Kampfhandlungen zwischen Mensch und Hund, es wird mit Gewalt- und Dominanzszenarien gearbeitet, wie unter anderem aktuelle im Umlauf befindliche Videos auch klar beweisen.
Bislang hat die ÖVP jegliche Unterstützung dieses sinnvollen Vorschlags des Tierschutzministers Rauch vermissen lassen. Dies ist insofern unverständlich, als zum einen ausreichend Grund zur Annahme besteht, dass die Aggressivität und damit die Gefährlichkeit von Hunden durch ein Beiß- und Angriffstraining, das auf den Menschen gerichtet ist, jedenfalls vorübergehend erhöht wird und kleinste Trainingsfehler und Ausbildungsabbrüche gravierende Auswirkungen auf das Verhalten des Hundes haben können. Zum anderen handelt es sich bei dem Vorschlag lediglich um die Klarstellung bzw. Nachschärfung des geltenden Tierschutzgesetzes, demzufolge Maßnahmen verboten sind, die „die Aggressivität und Kampfbereitschaft von Tieren erhöhen” (§5 (2) Z 2 TschG).
Mit einem Beiß- und Angriffstraining kann man einen Hund zur Waffe machen. Als Hundehalter stimmen Sie uns aber sicherlich zu, dass ein Hund ein Gefährte des Menschen ist und keine Waffe sein darf. Es gibt für Privatpersonen heutzutage wahrlich bessere Methoden, die Wesensfestigkeit und den Gehorsam eines Hundes zu testen, als ihm beizubringen, auf Kommando anzubellen, anzugreifen und zuzubeißen. Das Risiko, dass auch nur ein einziger Mensch durch solche Hunde zu Schaden kommt, ist einfach zu hoch, denn jeder einzelne Beißvorfall ist einer zu viel.
Daher fordern wir, die größten Tierschutzorganisationen und -institutionen des Landes, Ihre Partei dringend auf, die gegenwärtige Blockade gegen die Initiative Ihres Koalitionspartners zu beenden und den Vorstoß des Ministers zu unterstützen. Sie tragen als Regierungspartei die Verantwortung für die nationale öffentliche Sicherheit sowie für das Wohl der Tiere, die in unserer Obhut sind und für die ein solches Training Stress und große physische Belastungen bedeuten. Wir möchten in diesem Zusammenhang auch an die österreichische Verfassung verweisen, in der Tierschutz als Staatsziel festgeschrieben wurde.
Gewalt- und Dominanzszenarien unter dem Deckmantel des „Sports“ haben in privaten Hundetrainings nichts verloren. Das sollte auch klar und deutlich in der österreichischen Rechtsordnung verankert sein, im Interesse von Tier und Mensch.
Mag. Elisabeth Penz
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