Kein land in sicht
Hurrikan Florence schlug auf der amerikanischen Ostküste ein wie eine Bombe. Tausende Menschen waren zur Flucht gezwungen und mussten ihre geliebten Haustiere zurücklassen - Grund genug für uns, die Koffer zu packen und uns um sie zu kümmern.
Eine ältere Dame nähert sich unserer Gruppe, während wir gerade dabei sind, den LKW zu beladen. Die Amerikaner zeigen stets großes Interesse an den Vorkommnissen in ihrer Nachbarschaft und besonders in harten Zeiten wie diesen erkennen sie schnell, wenn jemand gekommen ist, um zu helfen. Als sie jedoch erfährt, dass unser Team extra aus Boston und sogar aus dem fernen Wien angereist ist, bekommt sie feuchte Augen und besteht darauf, jedem von uns eine lange Umarmung zu geben. Bei der Verabschiedung nennt sie uns "Engel", eine Bezeichnung, die wir während unserer Reise noch öfters hören sollten.
Engel auf Tour
Nachdem wir den ganzen Tag lang Tierfutter und andere Hilfsgüter verladen haben, geben uns solche Vorfälle neue Kraft. Während die Stadt Tampa in Florida, wo wir uns befinden, um Spenden einzusammeln, von der Katastrophe verschont blieb, wurden die nahen Staaten Nord- und Südkarolina mit voller Wucht getroffen. Zu tausenden mussten die Bewohner fliehen und ihre geliebten Haustiere zurücklassen. Viele davon konnten zwar in Tierheimen untergebracht werden - doch langsam wird das Futter knapp angesichts all der neuen hungrigen Mäuler.
Spendensammlung
Aus diesem Grund stehen wir hier vor dem Earth Wise Tierfachgeschäft in Tampa und sammeln Spenden - unter anderem 86 Säcke Hundefutter, 40 Säcke Katzenfutter, sowie 18 Kisten und Boxen unterschiedlichster Größe und Form gefüllt mit Spielzeugen, Essenskörben und Leckerlis. Unser Einsatz wird von der lokalen Organisation Beds for all Paws und der lokalen Bevölkerung unterstützt. "Euer LKW ist ja riesig", kommentiert ein anderer Passant in ausgeprägtem Südstaatenakzent und fügt hinzu "unglaublich, dass ihr es geschafft habt, den voll zu machen." Und tatsächlich findet sich neben den Spenden der Einwohner und des Tiergeschäfts am Ende des Tages kein freier Zentimeter Platz mehr auf der Ladefläche.
Unterwegs
Wir machen uns auf den Weg - vor uns liegt eine fünfzehnstündige Fahrt nach Südkarolina, vorbei an überfluteten Straßen und Brücken. Nur eine der zwei Spuren ist noch befahrbar, da Sandsäcke und andere provisorisch errichtete Barrieren einen großen Teil der Straße besetzen, um die dahinter lauernden Fluten einzudämmen. Wir müssen etliche Pausen einlegen, da das Fahren bei diesen Konditionen anstrengend und gefährlich ist. Überall wo wir stehenbleiben sprechen uns Leute an, die helfen wollen. Während ich vor einem Supermarkt stehend einen Kaffee austrinke fragt mich ein Mann, ob ich noch ein paar Minuten warten könnte. Daraufhin verschwindet er im Inneren des Geschäfts, kommt aber kurz darauf zurück und überreicht uns zwei Einkaufstaschen gefüllt mit Hilfsgütern. "Ich habe gerade erst zwei heimatlose Hunde adoptiert, aber ich bin mir sicher, dass es dort wo ihr hinfahrt noch viele weitere leere Mägen zu füllen gibt", sagt er uns, bevor er sich verabschiedet.
Vereinte Kräfte
Endlich erreichen wir unser Ziel, das Grand Strand Humane Society Tierheim in Myrtle Beach in Südkarolina, wo sich derzeit 50 Hunde und 80 Katzen aufhalten. Mit dem von uns eingesammelten Essen, Katzenstreu und den diversen Reinigungsartikeln kann nicht nur dieses Heim versorgt werden, sondern auch andere Einrichtungen in der Gegend, die dringend Unterstützung benötigen.
Wiederaufbau
Obwohl wir dieses Mal keine dramatischen Fotos von uns haben, auf denen wir Tiere aus den Trümmern ziehen, haben wir anhand der überschwänglichen Reaktionen der örtlichen Bevölkerung mitbekommen, wie wichtig unser Einsatz in den USA ist. Einige dieser Leute haben ihr Zuhause verloren und mussten dann zu allem Übel auch noch ihre geliebten Tiere zurücklassen. Die Tatsache, dass wir uns um sie gekümmert haben, bedeutet ihnen mehr als alles andere. Wir hoffen, dass sie bald schon wiedervereint werden und nachhause zurückkehren können.
Samantha Haider
Koordinatorin des VIER PFOTEN Katastrophenhilfe TeamsSamantha Haider ist stolze Besitzerin eines fünf Jahre alten Dachshund-Terriers namens Gimli und hat viele Jahre lang mit Pferden gearbeitet. Für sie ist das Wohl der Tiere eng mit dem Befinden der Menschheit verbunden. Frau Haider ist seit fünf Jahren bei uns und seit einem Jahr Teil des Katastrophenhilfe Teams, sowohl als ausgebildete Einsatzkraft, als auch als Koordinatorin der Einheit.