In der Wildnis oder in Gefangenschaft: Das Leben eines afrikanischen Löwen
Ein Blick auf das Leben und die Zukunft von afrikanischen Löwen
Die Welt der afrikanischen Löwen in Südafrika ist von starken Kontrasten geprägt. Während manche frei in der Wildnis leben, werden andere in Gefangenschaft gezüchtet, meistens zu kommerziellen Zwecken. Mehr als 10.000 Löwen leben in Südafrika in Gefangenschaft, während es in der Wildnis Schätzungen zufolge 3.490 sind. Eine Debatte über ihren Schutz und ihre Zukunft ist daher mehr als notwendig. Wie unterscheidet sich das Leben eines Löwen in Gefangenschaft von dem eines freilaufenden Löwen? Und was bedeutet das für ihre Zukunft?
Leben in der Wildnis: Das eigentliche Königreich
In ihrem natürlichen Lebensraum wachsen Löwen als Teil eines komplexen Sozialgefüges auf. Sie bilden Rudel, die matriarchale Gruppen sind und bis zu 40 Mitglieder haben können. Die durchschnittliche Größe in Gebieten wie dem Kruger National Park beträgt 13. Die Jungen bleiben bis zu 30 Monate bei ihren Müttern und lernen die notwendigen Fähigkeiten für das Überleben und das Verteidigen ihres Territoriums.
Wilde Löwen sind Karnivoren: Mehr als 70% ihrer Nahrung besteht aus Fleisch. Sie jagen große Beutetiere wie Zebras, Büffel und Gnus. Dabei kooperieren sie – einzigartig innerhalb der Tierwelt -mit Artgenossen, um die Erfolgschancen zu erhöhen. Die Weibchen sind im Rudel hauptsächlich für die Jagd und die Pflege der Jungen zuständig. Die Wildnis ist auf jeden Fall erbarmungslos: Revierkämpfe, Nahrungsknappheit und Konflikte mit den Menschen sind ständige Gefahren.
Der nachhaltige Schutz der wilden Löwen ist äußerst wichtig. Gebiete wie der Kruger National Park in Südafrika helfen, die Populationen zu erhalten. Aber sogar innerhalb der sicheren Zonen lauern Gefahren wie die Wilderei und das gezielte Vergiften der Tiere, was zu einer Verringerung der Löwenpopulation führt.2
Löwen in Gefangenschaft: Die Realität der Zuchtfarmen
Das Leben eines Löwen in Gefangenschaft unterscheidet sich signifikant von dem seiner Artgenossen in der Wildnis. In kommerziell geführten Zuchtfarmen werden Löwen oft in willkürlich zusammengesetzten Gruppen gehalten, manchmal sogar gemeinsam mit anderen Tierarten. Viele leiden unter Qualzucht und haben keinerlei Möglichkeiten, ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben. Ihr Leben ist das genaue Gegenteil dessen, was sie in der Wildnis erleben würden. In manchen Einrichtungen werden die Löwen als Junge auch als Streicheltiere missbraucht, müssen Spaziergänge mit Tourist:innen machen oder andere unnatürliche Interaktionen mit Menschen erdulden.
Die Nahrung der Löwen in diesen Zuchteinrichtungen ist sehr unterschiedlich und führt oft zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen und Mangelerscheinungen. Die NSPCA, eine südafrikanische Organisation, die Tierquälerei aufzeigt, inspiziert diese kommerziellen Zuchtfarmen regelmäßig und berichtet von zahllosen Problemen aufgrund der inadäquaten Ernährung. Erwachsenen Löwen wird etwa verdorbenes Fleisch gegeben, Löwenjunge mit Milch statt mit der für sie nötigen speziellen Nahrung gefüttert. Außerdem berücksichtigen die Farmen nicht, ob Tiere über- oder untergewichtig sind, was gravierende Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben kann.
Zudem leiden die Tiere unter Verhaltensstörungen und lernen keinerlei Fähigkeiten, wie sie für das Überleben in der Wildnis eigentlich nötig sind. Sie haben oft keinen Schutz vor Witterung, keinen Zugang zu Wasser und keinen ausreichenden Platz. Gute Schutzzentren wie jene von VIER PFOTEN retten Löwen in Gefangenschaft vor den unzureichenden Haltungsbedingungen, um ihnen eine sichere, artgemäße Umgebung für den Rest ihres Lebens zu bieten.
Der Mythos vom Artenschutz: Tragen Löwen in Gefangenschaft zur Erhöhung der Populationen bei?
Ein gängiges Missverständnis ist es, dass die Zucht von Löwen in Gefangenschaft zum Arterhalt wild lebender Löwen beiträgt. Studien zeigen allerdings, dass dem nicht so ist1. Stattdessen sollte das Augenmerk auf dem direkten Schutz der Populationen in der Wildnis, ihrer Genetik und ihres Lebensraums liegen – und nicht darauf, schlechte Haltungsbedingungen noch zu fördern.
Die Auswirkungen der Gefangenschaft auf das Verhalten der Tiere kann dazu führen, dass jene Instinkte, die zum Überleben benötigt werden, extrem geschwächt werden. Eine Studie zeigt, dass eingesperrte Tiere etwa verlernen, auf Gefahren zu reagieren oder nach Nahrung zu suchen. Ohne den Druck der natürlichen Auslese können Löwen in Gefangenschaft Verhaltensweisen erlernen, die ihre Überlebenschancen im Fall einer Freilassung dramatisch reduzieren.4
Eine nationale Ikone – aber ohne nationalen Schutz
Obwohl sie als nationale Ikonen gelten, werden viele Löwen in Gefangenschaft zur reinen Ware degradiert, intensiv gezüchtet und gehandelt.1
Im Jahr 2021 verlautbarte die südafrikanische Regierung, dass sie die Haltung von Löwen in Gefangenschaft zu kommerziellen Zwecken verbieten und die Zuchtfarmen schließen wollte. Leider gibt es bislang nur wenig Fortschritte, während die Löwenindustrie mit ihrem schmutzigen Geschäft weitermacht.
Ein zusätzliches Problem ist der Handel mit Löwenknochen, der durch die hohe Nachfrage in Asien befeuert wird. Es gibt immer mehr Beweise dafür, dass Löwenknochen als Tigerknochen deklariert und zu gefälschtem Tigerknochenwein verarbeitet und dann verkauft werden.2 Es scheint immer mehr solche Fälschungen zu geben, und Südafrika liefert dafür die nötigen Knochen. Unter solchen Voraussetzungen, die eine ganze Industrie florieren lässt, trägt jeder Löwe buchstäblich ein Preisschild. Nachdem Südafrika der größte Exporteur von Großkatzen und ein wichtiger Lieferant von Löwenknochen (großteils von Löwenzuchtfarmen) ist, bedeutet dieser kommerzielle Handel einen riesigen Druck auf wilde Populationen, der zudem zum illegalen Handel wesentlich beiträgt.
Ein Schritt nach vorne: Schützen wir die südafrikanischen Löwen!
Südafrika hat es nun wirklich in der Hand. Die Entscheidung, Zucht und Haltung in Gefangenschaft zu kommerziellen Zwecken auslaufen zu lassen, ist ein vielversprechender Schritt nach vorne. Das Land kann das Leiden von Tausenden Löwen endlich beenden und ihr Schicksal einem glücklichen Ende zuführen.
VIER PFOTEN kämpft für ein Ende des kommerziellen Handels mit allen Löwen in Gefangenschaft in Südafrika. Wir beraten die Behörden des Landes und zeigen ihnen konkrete Lösungen für einen Ausstieg sowie schrittweise Pläne zur Umsetzung.
Vor uns liegt noch ein langer Weg, mit vielen Unsicherheiten. Kann das unermessliche Leiden der Tiere wieder gutgemacht werden? Wir werden sehen...
Quellenverweis
2https://www.four-paws.org.za/campaigns-topics/campaigns/breaktheviciouscycle/south-africas-out-of-control-big-cat-industry-and-how-to-tackle-it
3The Legal and Illegal Trade in Big Cats: A Study in Support of Decision. CITES. [accessed 2025 March 17]. https://cites.org/sites/default/files/documents/E-SC75-13.pdf
4World Wildlife Crime Report. United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC). https://www.unodc.org/ unodc/en/data-and-analysis/wildlife_2020.html
Sources
1Walking with lions: why there is no role for captive origin lions Panthera leo in species restoration. Cambridge University Press. [accessed 2025 March 17]. https://doi.org/10.1017/s0030605312000695
2https://www.four-paws.org.za/campaigns-topics/campaigns/breaktheviciouscycle/south-africas-out-of-control-big-cat-industry-and-how-to-tackle-it
3The Legal and Illegal Trade in Big Cats: A Study in Support of Decision. CITES. [accessed 2025 March 17]. https://cites.org/sites/default/files/documents/E-SC75-13.pdf
4Generations in captivity increases behavioral variance: considerations for captive breeding and reintroduction programs. [accessed 2025 March 17]. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0006320703000958